Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

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HFRudolph
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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von HFRudolph » 01.11.2018, 11:24

Habe noch einmal meine Ordner durchgesehen und einen Stich von Luther gefunden, stehend als Ganzkörperbild, erstellt von Lucas Cranach dem Jüngeren - das also eher zu einem späteren Zeitpunkt erstellt wurde. Das Melanchtonbild im Ganzkörperformat mit Wappen ist datiert auf 1561. Zumindest Luther wirkt darauf stark geschönt, wenn es etwa aus dem selben Jahr datiert. Ein anderes großformatiges Portrait, wohl auch von Lucas Cranach dem Jüngeren datiert von 1551 und zeigt Luther schonungslos, er sieht hässlich und bösartig aus, mit Doppelkinn; das Fett an den Wangen hängt nur so herunter, ein Leberfleck auf der Stirn ist richtig hervorgehoben. Die Schraffur um Mund und Wangen lässt eine liederliche Rasur erahnen. (Der akademische Grad Doctor wird dort D. abgekürzt, nicht Dr. - die Universitäten sind mit der Titelbezeichnung auch heute noch pingelig).

Auf dem erstgenannten Bild stehend ist links oben in der Ecke befindet ein Wappen, das eindeutig Luthers Wappen darstellen soll, denn es gibt mehrere Stiche anderer Theologen im selben Format ebenfalls mit deren Wappen (Melanchton, Bugenhagen). Die Schildform des Wappens ähnelt nur ganz grob den typischerweise alleinstehenden Patrizierwappen ohne Oberwappen (bei Bugenhagen etwas expressiver gehalten). Es ist aber unzweifelhaft ein Schild.

Der Schild enthält eine Rose auf einer Rose (wie nennt man das? So wie bei den Tudor-Rosen mehrere übereinander). Die mittlere enthält das Herz mit einem Kreuz, jedoch kein Hochkreuz sondern in der T-Form, wie bei Melanchton. Man dachte wohl, dass diese T-Form in Bezug auf die original-Kreuzigungsform authentischer sei (was man wohl heute noch so sieht). Das Wappen enthält keinen äußeren Ring. Farbschraffuren sind nicht vorhanden.
Bild


Vom Prinzip her unvorstellbar ist eine eigenmächtige Wappenänderung während Luthers Lebzeiten (es sei denn, es wurde durch den Fürsten „gebessert“). Auch ist es unwahrscheinlich, dass Luther einen Stich mit falschem Wappen rausgehen ließ. Es mag aber durchaus sein, dass die Cranach-Werkstatt Luther nur dieses Wappen durchgehen ließ, wenn sie ihn vorher z.B. schon mit genau diesem Wappen abgebildet hatte. Wenn Luther an anderer Stelle das Zeichen mit dem goldenen Ring als Symbol für seine Theologie ausgegeben hat, so war er sich wohl durchaus bewusst, dass dieses Zeichen (eben nicht sein Wappen) als Markenzeichen für die abgespaltene Kirche herhalten sollte, als deutliches Symbol der Abgrenzung zum Katholizismus. Seine Kinder mögen das dann wieder anders gehalten haben mit veränderter Form und als Vollwappen.

In Farbe wohl so, wenn nicht grün beblättert:
Bild
Zuletzt geändert von HFRudolph am 01.11.2018, 12:28, insgesamt 1-mal geändert.

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Duppauer1
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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von Duppauer1 » 01.11.2018, 12:20

Vielen Dank HFRudolph für die Informationen und die Mühe die Du Dir gemacht hast.
Ich habe jetzt mal zwei Bücher zum Lutherwappen in der Bibliothek bestellt. Mals sehen was sich da so alles findet.

Beste Grüße
Dieter
Bild Das gute Gelingen ist zwar nichts Kleines, fängt aber mit Kleinigkeiten an. (Sokrates)

Herzliche Grüße
Dieter

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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von Tejas552 » 01.11.2018, 15:43

HFRudolph hat geschrieben:
01.11.2018, 11:24
HDer Schild enthält eine Rose auf einer Rose (wie nennt man das? So wie bei den Tudor-Rosen mehrere übereinander). Die mittlere enthält das Herz mit einem Kreuz, jedoch kein Hochkreuz sondern in der T-Form, wie bei Melanchton. Man dachte wohl, dass diese T-Form in Bezug auf die original-Kreuzigungsform authentischer sei (was man wohl heute noch so sieht). Das Wappen enthält keinen äußeren Ring. Farbschraffuren sind nicht vorhanden.
Bild

Das "T" ist wohl ein Tau-Kreuz auch Antoniuskreuz genannt. Es war besonders im spätantiken Afrika beliebt.

Als Inhaber des Doktorgrades war Luther dem Adel gleichgestellt. Vermutlich rührt daher sein Bedürfnis (und das der anderen Reformatoren) auch Wappen zu führen. In England gilt auch heute noch die Erlangung der Doktorwürde als hinreichender Grund einem Wappengesuch stattzugeben. Soll heissen, in England kann jeder ein Wappen beantragen. Gewährt wird es aber nur wenn hinreichende Verdienste nachgewiesen werden. Hierzu zählt die Erlangung des Doktorgrades.

Gruss
Dirk
Beste Grüsse
Dirk

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HFRudolph
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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von HFRudolph » 02.11.2018, 08:35

@Duppauer: Keine Ursache
Duoppauer1" hat geschrieben:zwei Bücher zum Lutherwappen
Was es nicht alles gibt. Wäre spannend, wenn es weitere Erkenntnisse geben würde. Das hier ist ja ohne tiefergehende Recherche nur der aktuelle Kenntnisstand mit Vermutungen und Schlussfolgerungen. Manchmal ist ja doch alles ganz anders, als man zuerst denkt.

Eigentlich wollte ich mich mit dem Thema gar nicht mehr befassen wegen Luthers Verhalten gegenüber Juden, vermeintlichen Hexen und bei den Bauernaufständen (von seinem Aberglauben einmal ganz abgesehen).

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Tejas552
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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von Tejas552 » 02.11.2018, 10:28

HFRudolph hat geschrieben:
02.11.2018, 08:35

Eigentlich wollte ich mich mit dem Thema gar nicht mehr befassen wegen Luthers Verhalten gegenüber Juden, vermeintlichen Hexen und bei den Bauernaufständen (von seinem Aberglauben einmal ganz abgesehen).
Man kann und darf Luther nicht mit heutigen Massstäben messen. Luther hat eine Zeitenwende eingeläutet; seine Reformation hat entscheidend zur Aufklärung beigetragen. Seine Verdienste können kaum zu hoch bewertet werden.

Gruss
Dirk
Beste Grüsse
Dirk

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HFRudolph
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Re: Zum Reformationstag-Das Lutherwappen.

Beitrag von HFRudolph » 07.11.2018, 11:53

Die symbolische Bedeutung eines Wappens, die virtuelle menschliche Vorstellung, Inhalte mit einem Wappen zu verbinden, umfasst immer viel mehr, als das reine Bild selbst ausmacht. Ich fürchte allerdings, dass die inzident damit verbundenen Diskussionen das Forum sprengen würden, daher enthalte ich mich hier weiterer Ausführungen.

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