Stechhelm als zwingendes Kriterium bei Bürgerlichen Wappen?

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Gast

Stechhelm als zwingendes Kriterium bei Bürgerlichen Wappen?

Beitrag von Gast » 20.07.2005, 10:51

Hallo,mir stellt sich die Frage, ob ich bei der Erstellung meines Familienwappensauch einen Kübelhelm verweden darf. Grundsätzlich nehme ich an herrscht die Meinung vor Bügelhelme für Adlige und Stechhelme für Bürgerliche zu verwenden. In "Einführung in die Heraldik" von Vaclaf Vok Filip wird jedoch ein Gewohnheitsrecht im Hinblick auf die geschichtliche Entwicklung verneint!Dies würde bedeuten, das man sowohl Bügelhelme, Stechhelme als auch Kübelhelme bei Neustiftung eines Wappens verwenden darf.Dieses Buch ist im in der Reihe Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen erschienen und macht auf mich einen seriösen Eindruck.Er beruft sich bei dieser Feststellung auf einen anderen Heraldiker der 1991 eine Wappenfibel geschrieben hat.Ich freue mich auf eure Antworten!

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 20.07.2005, 10:58

Diese Einschränkungen lassen sich aus der Geschichte der Heraldik auch nicht herleiten.In alten Lehrbüchern von vor 1900 taucht diese "Regelung" auch nicht auf. Der einzige Helm, der für einen bestimmten Personenkreis bestimmt war, ist der Visierhelm. Dieser wurde von Kaiser Maximillian für den Adel vorgesehen. Allerdings wurde diese Regelung in Deutschland nie eingehalten.Im III. Reich hat man auch mal versucht den Stahlhelm Typ M16/32 zu heraldisieren. :wink:Die Art des Helms war immer ein Zeichen des persönlichen Geschmacks. Allerdings bestehen einige Wappenrollen bei der Eintragung auf einem Stechhelm für Bürgerliche. Es ist also reinweg eine interne Regelung der betreffenden heraldischen Vereine.

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Markus
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Beitrag von Markus » 20.07.2005, 12:03

Nachzutragen wäre noch, dass Sie, wenn Sie sich für einen Kübelhelm entscheiden, dass Wappen im entsprechend frühgotischem Stil halten sollten.
Heraldische Grüße
Markus

Vollwappen im Wappenindex Greve:
https://www.familie-greve.de/wappeneint ... &wid=72488

Apri

Beitrag von Apri » 21.07.2005, 09:52

Danke euch beiden für eure Einschätzung. Ich glaube außer mir will so ein potthäsliches Teil bestimmt kaum einer im Wappen haben. :oops:Ich meine mich erinneren zu können das ein Büchlein diese "Richtlinie" auf einen Versuch der Wiener Hofkanzlei um 1600 zurückführt. Welche Wappenrollen würden mir denn meinen Kübel erlauben? Dieser frühgotische Stile ist mit mehr Aufwand verbunden, aber mir macht das Spass! :D Verhält es sich mit der einfachen Helmkrone genauso oder muss ich doch mal schnell in den Adel einheiraten? :roll:

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A.Jacob
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Beitrag von A.Jacob » 21.07.2005, 09:56

Helmkrone zum Bügelhelm - ja.Helmkrone zum Topfhelm - nein.
Mit freundlichen Grüßen

http://www.wappenkunst.de

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Apri
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Beitrag von Apri » 21.07.2005, 10:02

Mein Kübel ist doch das verbesserte nahezu unschalgbare Modell des Topfhelms und nicht mit diesem vergleichbar! :shock: :wink:

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A.Jacob
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Beitrag von A.Jacob » 21.07.2005, 10:09

klingt Interessant, setzen sie doch mal ihren Helm ein.
Mit freundlichen Grüßen

http://www.wappenkunst.de

Gast

Beitrag von Gast » 21.07.2005, 10:11

Verehrte Herren,ich finde es faszinierend, dass Sie darüber diskutieren, ob Sie eine Helmkrone oder keine führen....nach dem Adelsgesetz ist es dem Bürger bei Strafe verboten, die Adelsqualitäten des Wappens, Spangenhelm in Gold und Silber, Tuniermedallie (Aussnahmen bestätigen die Regel) sowie die Adelskrone mit drei Blättern und zwei Perlen zu führen.Welche herausragenden Leistungen haben diese Familien erbracht, dass Sie einen Spangenhelm (und wenn dann einfach) und eine Tuniermedaille tragen dürfen?!? Der Spangenhelm und teilweise die Krone wurden nur herausragenden Geschlechtern verliehen und nicht jedermann, wie ich es leider zum Teil in den Wappenrollen sehen konnte. Im selben Zug verhält es sich mit der Tuniermedaille, sie wird nur von tunierfähigen Adeligen und Bürgern (vom Kaiser befähigtes Attribut) im Wappen getragen, alles andere ist ablässig.Es ist leider erschreckend wie viele Wappenstifter sich solche Attribute anmaßen, es fehlt die klare Linie und vor allem, zeugt es nicht dass diese integere Personen darstellen und sich leider der Lächerlichkeit preisgeben, wenn Sie diese als Siegelring tragen sollten.Mit freundlichen Grüssen

Gast

Beitrag von Gast » 21.07.2005, 10:18

Zusatz:Im übrigen ist mir immer häufiger in der HGW aufgefallen, dass bürgerliche Familien Schildhalter im Wappen führen...was nach dem Recht nur ab dem Freiherren Gültigkeit besitzt!

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Beitrag von GM » 21.07.2005, 10:49

Interessant, hier hat uns ein posting aus dem Mittelalter erreicht 8) .

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Beitrag von Claus J.Billet » 21.07.2005, 10:56

hm...Heraldik ist zwar eine sehr traditionsbewußte Angelegenheit, mit vielerlei Facetten,...aber nicht verschlafen ! :lol:

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Beitrag von GM » 21.07.2005, 11:01

Hoffentlich gelten diese Beiträge "nach dem Adelsgesetz" nicht als unbotmäßig/ehrabschneidend und bringen uns den Pranger/die Oubliette ein :shock: .

Gast

Beitrag von Gast » 21.07.2005, 11:13

Verehrte Herren Greis-Maibach und Billet,Ihr Sarkasmus in Ehren, aber etwas als modern zu bezeichnen ist eine Sache der Ansicht und der Epoche, in welcher wir leben. Es ist keineswegs als "modern" zu sehen, dass Bürger sich mit heraldischen Adelsqualitäten schmücken, welche weder ihnen noch ihren Familien zustehen, sofern sie diese nicht erhielten. Ich finde es zwar interessant, dass sich mancherlei Personen mit einen Wappen ein "Denkmal" setzen möchten, was auch legitim ist, doch bitte in den vorgegeben Bahnen. Zur besseren Anschau möchte ich Ihnen das Wappen Baltzer in der HGW empfehlen, welches doch sehr, wie möchte man sagen, aristokratische Züge besitzt. So etwas ist ein Fauxpas und würde belächelt werden. Wobei ich hervorheben, dass die Kunst des Wappens fabelhaft und beeindruckend ist....für eine nob. Familie, von den heraldischen Adelsqualitäten her.Mit freundlichem GrussePS: Nach diversen Historikern, düften Sie Herr Greis-Maibach gar nicht mal so falsch liegen...

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Beitrag von GM » 21.07.2005, 11:54

Werter anonymer Gast, Herr von X. ist man geneigt zu schreiben,die Zeiten, in denen "nach dem Adelsgesetz" "Bürgern" etwas verboten werden konnte, liegen Gott sei Dank nun schon um einiges zurück.Diese ehemals gültigen Regeln und Regelungen als quasi heute noch verbindlich zu zitieren - nun, das reizt schon zu einigem Spott. Heutzutage und hierzulande ist es, dies mag man begrüssen oder bedauern, allein eine Frage des Geschmacks oder der Bereitschaft, überkommene Konventionen zu (be-)achten, ob sich jemand Schildhalter, Wappenzelte oder gar goldene Spangenhelme zu seinem Wappen "bestellt".Über Geschmack läßt sich bekanntlich trefflich streiten - aber verpflichtet Adel nicht auch zu einer gewissen Toleranz ?

Michael BERNHARD

Beitrag von Michael BERNHARD » 21.07.2005, 12:03

Hallo,
Gast hat geschrieben:....nach dem Adelsgesetz ist es dem Bürger bei Strafe verboten, die Adelsqualitäten des Wappens, Spangenhelm in Gold und Silber, Tuniermedallie (Aussnahmen bestätigen die Regel) sowie die Adelskrone mit drei Blättern und zwei Perlen zu führen.
:?: Adelsgesetz :?: :?: Preußisches Adelsgesetz vom 23.6.1920 :?: :?: Sächsisches Adelsgesetz von 1902 :?:Unbefugter Gebrauch des Adels oder eines bestimmten Adelstitels.Dieser war unter Strafe gestellt, und zwar im Deutschen Reich gemäß § 360 I Abs. StGB, und in Österreich gemäß Hofkanzleidekret vom 2. November 1827, P.G.S. Nr. 119(http://www.adelsrecht.de/Lexikon/A/Adel ... ssung.html)Alle deutschen Staatsangehörige sind seit dem 11. August 1919 gleichberechtigte Bürger. Ein Adel existiert seitdem in Deutschland nicht mehr.Einen deutschen "Adel" gibt es somit heute nur mehr als Eigen- oder Fremdbeschreibung derjenigen, deren Vorfahren dem historischen Adel angehört haben oder die von der medialen Öffentlichkeit als adlig wahrgenommen werden (etwa Frederic Prinz von Anhalt). Die Zugehörigkeit zum "Adel" beinhaltet nicht mehr die Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Körperschaft mit eigenem Standesrecht; die Adelsverbände sind privat-rechtliche Vereine, keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften.(Lexikon-freenet)

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