Gedanken zur Wappenführung

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Tejas552
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Tejas552 » 16.08.2022, 16:01

Ich finde beides sind vor allem sehr interessante Beispiele. Es geht ja nicht um die Personen oder die Einzelfälle sondern, um das Prinzip. Es wird sicher auch den ein oder anderen Fall gegeben haben, wo einer Person ein Wappen verliehen wurde, die dann aber kinderlos in den geistlichen Stand getreten ist, so dass das als Familienwappen gedachte Wappen de facto ein persönliches Wappen wurde.

Im ersten Fall hätte ich die Frage ob mit der Verleihung das Wappen bereits als Personenwappen bestimmt wurde, also die Vererbarkeit ausgeschlossen wurde. Der Dekan hätte schliesslich die Konfession wechseln und dann das Wappen seinen Kindern vererben können.

Im zweiten Fall handelt es sich m. E. um ein erloschenes Familienwappen. Möglich dass es de facto nie als Familienwappen fungierte wenn zwei der drei Brüder es nie angenommen haben sollten, aber de jure ist es ein Familienwappen.
Beste Grüsse
Dirk

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Gerd
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Gerd » 16.08.2022, 16:15

Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 16:01
Im zweiten Fall handelt es sich m. E. um ein erloschenes Familienwappen. Möglich dass es de facto nie als Familienwappen fungierte wenn zwei der drei Brüder es nie angenommen haben sollten, aber de jure ist es ein Familienwappen.
Die 3 damit bedachten waren nicht miteinander Verwandt. Sie waren lediglich gut befreundet und damit Wappengenossen.
Mit besten Grüssen
Gerd
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Berlingo
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Berlingo » 16.08.2022, 16:24

Gerd hat geschrieben:
16.08.2022, 16:15
Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 16:01
Im zweiten Fall handelt es sich m. E. um ein erloschenes Familienwappen. Möglich dass es de facto nie als Familienwappen fungierte wenn zwei der drei Brüder es nie angenommen haben sollten, aber de jure ist es ein Familienwappen.
Die 3 damit bedachten waren nicht miteinander Verwandt. Sie waren lediglich gut befreundet und damit Wappengenossen.
Ergo, de facto und de jure: Schon bei der Verleihung wieder kein "Familienwappen"! 8)

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Berlingo
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Berlingo » 16.08.2022, 16:45

Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 11:01
(..)
In dem Aufsatz "Patriziat und Adel im alten Bern" bezeichnet der Autor Wappen die "sich kaum auf die nachfolgenden Generationen vererbten" als keine "eigentlichen Familienwappen" sondern als "persönliche Wappen" (S. 2)

(..) Mit der Regelung der dauerhaften Führung des unveränderten Wappens im Jahr 1684 steht die "Ermahnung" dass nur solche Wappen die unverändert vererbt werden auch als Familienwappen gelten können.
Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 16:01
(..) Der Dekan hätte schliesslich die Konfession wechseln und dann das Wappen seinen Kindern vererben können.
Ich möchte kein neues Fass aufmachen, aber weil jetzt wiederholt und unglücklich gewählt in der Umgangssprache vom "Vererben von Wappen" geredet wurde -- und dieses vorgebliche "Vererben" herangezogen wird, um zu begründen, wie aus einem "Familienwappen" angeblich ein "Personenwappen" werden soll, sei an eine Passage von Bernhard erinnert, der bekanntlich diesen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Familienwappen komplett ablehnt:

Weiterführung eines Wappens durch nachfolgende Generationen
"(..) Der Begriff "Weitergabe" ist hierbei allein korrekt, der häufig gedankenlos gebrauchte Begriff "Vererbung" trifft nicht zu, weil er nicht präzise den Sachverhalt beschreibt: Ein Familienwappen wird nicht weitervererbt, da die Kinder eines Wappenträgers bereits zu Lebzeiten das Familienwappen (und den Familiennamen) führen, also vor dem Erbfall. Geerbt werden z. B. Vermögenstitel oder Wertgegenstände, bei denen die tatsächliche Verfügungsgewalt tatsächlich erst mit dem Erbfall übergeht. Aus einem weiteren Grund ist der Begriff "Vererben" unpassend für ein Familienwappen: Ein Vermögenswert kann an jede beliebige Person oder juristische Person vererbt werden, auch wenn kein Abstammungsverhältnis besteht. Das ist bei Wappen anders - es kann nicht an Personen gegeben werden, die nicht zur Abstammungsgemeinschaft gehören. Auch von daher verbietet sich der Begriff des "Vererbens" bei Familienwappen."

Quelle: Bernhard Peter: Rund um die Wappenführung: Weitergabe von Wappen in der Familie. www.welt-der-wappen.de. 2006, 2011, 2013, 2015. Abgerufen: 2022.
Zuletzt geändert von Berlingo am 16.08.2022, 17:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Gerd
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Gerd » 16.08.2022, 17:20

Berlingo hat geschrieben:
16.08.2022, 16:24
Gerd hat geschrieben:
16.08.2022, 16:15
Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 16:01
Im zweiten Fall handelt es sich m. E. um ein erloschenes Familienwappen. Möglich dass es de facto nie als Familienwappen fungierte wenn zwei der drei Brüder es nie angenommen haben sollten, aber de jure ist es ein Familienwappen.
Die 3 damit bedachten waren nicht miteinander Verwandt. Sie waren lediglich gut befreundet und damit Wappengenossen.
Ergo, de facto und de jure: Schon bei der Verleihung wieder kein "Familienwappen"! 8)
Ja, da war ich auch zu schnell. Laut Konvolut wurde der Adelsstand mit Prädikat und Wappen lediglich an diese 3 verliehen ohne es an Nachkommen weitergeben zu können. :oops:
Mit besten Grüssen
Gerd
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Tejas552
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Tejas552 » 17.08.2022, 08:13

Berlingo hat geschrieben:
16.08.2022, 16:45
...

Ich möchte kein neues Fass aufmachen, aber weil jetzt wiederholt und unglücklich gewählt in der Umgangssprache vom "Vererben von Wappen" geredet wurde -- und dieses vorgebliche "Vererben" herangezogen wird, um zu begründen, wie aus einem "Familienwappen" angeblich ein "Personenwappen" werden soll,
Ich fürchte den Teil der Diskussion hast du immer noch misverstanden. Aber man muss auch nicht immer alles mitbekommen.
Berlingo hat geschrieben:
16.08.2022, 16:45

... sei an eine Passage von Bernhard erinnert, der bekanntlich diesen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Familienwappen komplett ablehnt:

Weiterführung eines Wappens durch nachfolgende Generationen
"(..) Der Begriff "Weitergabe" ist hierbei allein korrekt, der häufig gedankenlos gebrauchte Begriff "Vererbung" trifft nicht zu, ....
[/size]

Solche "verabsolutierten" Formulierungen wie "... ist hierbei allein korrekt" finde ich unangebracht. :D
Der Begriff "Erben" wird umgangssprachlich auch als Synonym für "erhalten, bekommen, übernehmen" verwendet. So habe ich die blauen Augen meines Vaters "geerbt", womit durchaus nicht gemeint ist, dass ich seine toten Augen in einem Einmachglas aufbewahre. Vielmehr lebt mein Vater noch, und trotzdem hat er mir seine blauen Augen vererbt, und zwar seit meiner Geburt.

https://www.dwds.de/wb/erben

Um die Haarspalterei noch weiter zutreiben könnte ich auch behaupten, dass der Begriff "Weitergabe" eine "völlig unglücklich gewählte Gedankenlosigkeit" ist. Denn Gabe kommt von Geben und impliziert eine aktive Handlung. In Wirklichkeit übernimmt der Sohn das Wappen des Vaters aber passiv bei seiner Geburt. Die umgangssprachliche Verwendung des Wortes "erben" passt daher besser zur passiven Wappenübernahme als das aktive Verb "Weitergabe". Aber wie gesagt, das ist alles unnötige Haarspalterei. Der Sinn der Aussagen ist jedem hier verständlich.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 17.08.2022, 10:20, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Tejas552 » 17.08.2022, 08:47

Berlingo hat geschrieben:
16.08.2022, 16:45


.... Aus einem weiteren Grund ist der Begriff "Vererben" unpassend für ein Familienwappen: Ein Vermögenswert kann an jede beliebige Person oder juristische Person vererbt werden, auch wenn kein Abstammungsverhältnis besteht. Das ist bei Wappen anders - es kann nicht an Personen gegeben werden, die nicht zur Abstammungsgemeinschaft gehören. Auch von daher verbietet sich der Begriff des "Vererbens" bei Familienwappen."

Quelle: Bernhard Peter: Rund um die Wappenführung: Weitergabe von Wappen in der Familie. www.welt-der-wappen.de. 2006, 2011, 2013, 2015. Abgerufen: 2022.
Auch diese Aussage ist meines Wissens nach in dieser Absolutheit nicht richtig. In Bern kann ein Wappen auf eine nicht verwandte aber namensgleiche Familie gleicher Herkunft übertragen werden, wenn die wappenführende Familie dem zustimmt. Zu dem gab es soweit ich weiss auch im Deutschen Reich Beispiele wo Monarchen ausgestorbene Adelstitel (Adelsnamen) wiederbelebt und den Begünstigten (meistens nichtstandesgemässen Ehefrauen) samt Wappen übertragen haben.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 17.08.2022, 10:19, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

Ryan
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Re: Gedanken zur Wappenführung

Beitrag von Ryan » 17.08.2022, 10:02

Tejas552 hat geschrieben:
16.08.2022, 16:01
Ich finde beides sind vor allem sehr interessante Beispiele. Es geht ja nicht um die Personen oder die Einzelfälle sondern, um das Prinzip. Es wird sicher auch den ein oder anderen Fall gegeben haben, wo einer Person ein Wappen verliehen wurde, die dann aber kinderlos in den geistlichen Stand getreten ist, so dass das als Familienwappen gedachte Wappen de facto ein persönliches Wappen wurde.

Im ersten Fall hätte ich die Frage ob mit der Verleihung das Wappen bereits als Personenwappen bestimmt wurde, also die Vererbarkeit ausgeschlossen wurde. Der Dekan hätte schliesslich die Konfession wechseln und dann das Wappen seinen Kindern vererben können.

Im zweiten Fall handelt es sich m. E. um ein erloschenes Familienwappen. Möglich dass es de facto nie als Familienwappen fungierte wenn zwei der drei Brüder es nie angenommen haben sollten, aber de jure ist es ein Familienwappen.
Man musst sich dann Fragen, was eine Familie in diesem sind ist? Dann wenn ein durch Priester ein Wappen fuhrt, die de jure ein Familiewappen ist, kann man argumentieren das er der einzigen Mitglieder sein Geschlecht? oder?

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