Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 07:28

Ryan hat geschrieben:
31.05.2022, 15:16
Der Wappen von Ebert ist doch erkennbar, oder? Der Helmzier besonders so. Ein Hals macht der Kopf nicht großer und erhöht nicht der Erkennbarkeit. Erkennbarkeit ist auch nicht immer der Stärke von gotische Wappen.
Es geht in diesem Faden überhaupt nicht um das Wappen Ebert. Allerdings denke ich schon, dass Erkennbarkeit eine Stärke gotischer Wappen ist. Klar gibt es immer auch Ausnahmen, aber in aller Regel legte man in der Hochzeit der Wappenkunst grossen Wert auf die Erkennbarkeit der Wappen.

Im Zweifelsfall konnte die Erkennbarkeit über Leben und Tod in der Schlacht entscheiden. In der Schlacht von Azincourt (1415) kam der Herzog von Brabant verspätet auf dem Schlachtfeld an und stürzte sich ohne Rüstung in den Kampf (das Anlegen der Rüstung konnte eine halbe Stunde dauern). Allerdings warf er sich ein Tuch von einer Fanfare seines Trompeters über, dass sein Wappen trug. Er wollte unbedingt als Mitglied des Hochadels erkannt werden, da diese meistens nicht getötet wurden sondern gegen Lösegeld freikommen konnten. Sein Wappen sollte ihn anstelle der Rüstung schützen. Leider entschied sich der englische König Henry V dazu alle Gefangenen ohne Rücksicht auf den Stand ermorden zu lassen.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 07:42

Ryan hat geschrieben:
31.05.2022, 17:32
...

Noch frage mich, warum der Helmzier so hoch sein muss? Vielleicht hat es was mit den Turnieren zu tun, bzw. nur Mode? ...
Die Vorgaben für die Grössenverhältnisse von Schild, Helm und Helmzier haben weder etwas mit Mode noch mit der Turnierpraxis des Mittelalters zu tun. Tatsächliche Helmzierden waren von ganz unterschiedlicher Grösse (und die in der Heraldik verwendeten Schildformen kamen im Turnier kaum zum Einsatz).

Diese "Regel" soll lediglich sicherstellen, dass Schild und Helmzier in einer Wappenrolle gut erkennbar sind. Ohne diese "Regel" hätte man vermutlich Helmzierden die von winzig klein bis riesengross rangieren würden, was weder der Erkennbarkeit noch der Ästhetik dienlich wäre. Trotzdem müssen diese Grössenverhältnisse auch nicht mit der Schieblehre abgemessen werden.

Wenn nun ein Stifter darauf besteht, sagen wir einen liegenden Pfeil auf dem Helmbund als Helmzier zu führen, dann würde ich davon abraten. Die Heraldik bieten genügend Stilmittel um den Pfeil besser in Szene zu setzten und damit den Grössenvorgaben zu genügen.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 01.06.2022, 08:13, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 07:55

Rheinländer_ hat geschrieben:
31.05.2022, 14:41
Wieder einmal sehr interessant alles. Ich dachte bislang, dass die Wappenbilderordnung Vorgaben für Motive bildet, aus denen sich x verschiedene Figuren erstellen lassen. Da zum Beispiel kein Maschinengewehr, Schraubenschlüssel,..gelistete ist, taucht dieses auch nicht auf ...
Leider doch, Schraubenschlüssel, Flugzeugpropeller*, Lokomotiven**, Strassenbahnstromabnehmer, Strassenbahnwagen, moderne "Kaufmannsfederwage" etc. habe ich alle schon in "eingetragenen" deutschen Familienwappen gesehen. Das Maschinengewehr hingegen zum Glück nicht. Globen mit moderner Darstellung der Kontinente sind aus meiner Sicht ein Grenzfall.

interessant sind auch Waffen, wie Degen und Pistolen. Beides kommt in Wappen vor, aber wo zieht man die Grenze? Könnte ein modernes Sturmgewehr im Wappen gezeigt werden, wo doch auch die Steinschlosspistole und der Degen aus "nach-heraldischer" Zeit stammen.

*Im Blason gern als "Luftschraube" beschrieben und im Schild als Propeller dargestellt, was ich irgendwie komisch finde, denn wer weiss schon aufgrund der Bezeichung "Luftschraube", was das sein soll.

**Im Blason als "schwarzer Transportdampfkessel" umschrieben und im Schild als Lokomotive dargestellt. Offenbar war dem Heraldiker doch nicht ganz wohl bei der Sache. Es gibt aber auch eingetragene Wappen in denen die Lokomotive als solche benannt wird.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 01.06.2022, 13:07, insgesamt 4-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 10:25

Rheinländer_ hat geschrieben:
31.05.2022, 14:41

... dagegen stehen Buchstaben und Hausmarken. ....
Buchstaben gelten bisweilen als verpönt, allerdings haben sie eine lange Tradition. In einem Heraldik-Leitfaden des Kantons Bern habe ich sogar gelesen, dass es bei bürgerlichen Wappen ein guter Brauch wäre den Anfangsbuchstaben des Familiennamens im Schildbild zu integrieren. Das ist sicher eine Frage der Umsetzung und auch welcher Buchstabe zur Verfügung steht.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 10:51

Kaisertreuer2 hat geschrieben:
31.05.2022, 15:56
Eigentlich bewundere ich die Phantasie des Mittelalter betreffend der Heraldik. Ich bin mir auch sicher, daß bei einem Turnier das Wappen mit dem Eberlöwen inklusive der Helmzier vom Herold durchgewunken worden wäre und er nicht den Zollstock gezückt hätte, weil er meinte, die Helmzier sei zu gedrungen geraten.

...
Stimmt, niemand hat bei Turnieren jemals die Grössenverhältnisse von Schild, Helm und Helmzier geprüft. Die entsprechende Regel, dient einzig und allein dazu die Erkennbarkeit des Vollwappens in einer Wappenrolle zu gewährleisten.

Der Eberlöwe hätte im Turnier oder im Kriegsaufgebot womöglich dann Probleme bereitet, wenn ein anderer Teilnehmer einen gleichfarbigen Wappenschild mit einem Löwen darauf geführt hätte und der Eberteil des Mischwesens sich nicht deutlich genug vom entsprechenden Löwenteil unterschieden hätte. In diesem Fall könnten die Wappen im Turnier oder Schlachtgetümmel verwechselbar sein. Zugegebenermassen ist dies eine unwahrscheinliche Konstellation.

Vielleicht noch interessant: Vor einer mittelalterlichen Schlacht wurden den Fusssoldaten die Wappen der Ritter gezeigt. Dies ist z.B. für die Schlacht bei Tannenberg (1410) überliefert, in der der Deutsche Ritterorden einem Heer aus Polen, Russen, Litauern und Tataren gegenüber stand. Die Fusssoldaten (häufig waren es Söldner) sollten wissen welche Ritter, darunter die Gast-Ritter des Ordens, auf ihrer Seite kämpften, damit sie nicht versehentlich die eigenen Ritter angriffen. Für die Ritter war es daher lebenswichtig, dass die Schilde so einfach, klar, wiedererkennbar und einprägsam waren wie möglich.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Berlingo » 01.06.2022, 12:39

Tejas552 hat geschrieben:
01.06.2022, 10:51
(..) Vor einer mittelalterlichen Schlacht wurden den Fusssoldaten die Wappen der Ritter gezeigt. Dies ist z.B. für die Schlacht bei Tannenberg, 1410 überliefert (..)
Eine kleine Nachfrage, nur Interesse halber:

Welche Quellen belegen/überliefern, dass bei der Schlacht bei Tannenberg 1410 den Fusssoldaten die Wappen irgendwelcher Ritter (welcher?) gezeigt wurden? Ist dieser Vorgang historisch-wissenschaftlich und kritisch gesichert - oder sind das "Überlieferungen à la Georg Rüxner"?

Welche Quellen gibt es neben der "Tannenberg-Überlieferung", dass vor einer mittelalterlichen Schlacht den Fusssoldaten "Ritterwappen" gezeigt wurden?

Gibt es darüber irgendwelche historische Forschungen bzw. kann man das irgendwie kritisch quantifizieren (etwa in der Form: von 1.000 mittelalterlichen Schlachten ist 999 mal belegt, dass den Fusssoldaten die Wappen der Ritter gezeigt wurden, 1 mal wurden keine Wappen gezeigt ... und zu 10.000 weiteren bekannten mittelalterliche Schlachten kann man mangels Quellenmaterials keine Angaben machen, ob den Fusssoldaten "Ritterwappen" gezeigt wurden oder nicht)?

Nur, damit man mal ein Gefühl dafür bekommt, ob das Zeigen von "Ritterwappen" wirklich ein allgemeiner Vorgang vor Schlachten war -- oder ob in diesem Zusammenhang etwas im Nachhinein (und vielleicht sogar von jemanden, der gar nicht bei der jeweiligen Schlacht dabei war) fantasievoll erzählt und und ausgeschmückt wird, was in der Realität bzw. vor dem jeweiligen Blutbad womöglich doch ein wenig "profaner" vonstatten ging.

1001 Grüße

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 13:24

Berlingo hat geschrieben:
01.06.2022, 12:39
Tejas552 hat geschrieben:
01.06.2022, 10:51
(..) Vor einer mittelalterlichen Schlacht wurden den Fusssoldaten die Wappen der Ritter gezeigt. Dies ist z.B. für die Schlacht bei Tannenberg, 1410 überliefert (..)
Eine kleine Nachfrage, nur Interesse halber:

Welche Quellen belegen/überliefern, dass bei der Schlacht bei Tannenberg 1410 den Fusssoldaten die Wappen irgendwelcher Ritter (welcher?) gezeigt wurden? Ist dieser Vorgang historisch-wissenschaftlich und kritisch gesichert - oder sind das "Überlieferungen à la Georg Rüxner"?

....
Gute Frage. Ich werde mal in meiner Literatur nachschauen, ob ich die Quelle Finde. Die Vorgänge vor der Schlacht wurden unter anderem von Jan Dlugosz beschrieben, der aber selber nicht dabei war und sein Werk 1448 verfasst hat. So stammt von Dlugosz die berühmte Geschichte, wonach der Hochmeister dem polnischen König durch seine Herolde zwei Schwerter als Aufforderung zum Kampf überbracht habe. Diese Geschichte gilt als glaubhaft.

Wie oft eine "Wappen-Schau" vor einer Schlacht stattfand kann ich nicht sagen. Ich denke im Fall von Tannenberg ergibt ein solches Vorgehen sehr viel Sinn. Die Ordensritter waren für die fremden Söldner gut erkennbar, aber die Gastritter traten in ihren Wappenröcken an. Die Ordensgäste sollten nach Möglilchkeit nicht in unnötige Gefahr gebracht werden. So war es sicher wichtig, dass die Söldner wussten, wer wer auf dem Schlachtfeld ist, wen sie schützen sollten und wen sie zumindest nicht gefährden sollten. Aber ich werde der Frage mal nachgehen.

In England wurden für bestimmte Schlachten bzw. Kriegszüge sog. "occasional rolls of arms" erstellt. D.h. es wurden die Wappen der Ritter erfasst, die an dem Kriegszug teilnahmen. Z.B. gibt es die Falkirk Roll of Arms für die Schlacht von Falkirk. Natürlich dienten diese Rolls of Arms nicht dazu den Söldnern gezeigt zu werden, vielmehr wollte man wohl die Teilnehmer erfassen und die Schlachtordnung bestimmen.

https://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Falkirk
Beste Grüsse
Dirk

Ryan
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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Ryan » 01.06.2022, 16:52

Tejas552 hat geschrieben:
01.06.2022, 07:28
Ryan hat geschrieben:
31.05.2022, 15:16
Der Wappen von Ebert ist doch erkennbar, oder? Der Helmzier besonders so. Ein Hals macht der Kopf nicht großer und erhöht nicht der Erkennbarkeit. Erkennbarkeit ist auch nicht immer der Stärke von gotische Wappen.
Es geht in diesem Faden überhaupt nicht um das Wappen Ebert. Allerdings denke ich schon, dass Erkennbarkeit eine Stärke gotischer Wappen ist. Klar gibt es immer auch Ausnahmen, aber in aller Regel legte man in der Hochzeit der Wappenkunst grossen Wert auf die Erkennbarkeit der Wappen.

Im Zweifelsfall konnte die Erkennbarkeit über Leben und Tod in der Schlacht entscheiden. In der Schlacht von Azincourt (1415) kam der Herzog von Brabant verspätet auf dem Schlachtfeld an und stürzte sich ohne Rüstung in den Kampf (das Anlegen der Rüstung konnte eine halbe Stunde dauern). Allerdings warf er sich ein Tuch von einer Fanfare seines Trompeters über, dass sein Wappen trug. Er wollte unbedingt als Mitglied des Hochadels erkannt werden, da diese meistens nicht getötet wurden sondern gegen Lösegeld freikommen konnten. Sein Wappen sollte ihn anstelle der Rüstung schützen. Leider entschied sich der englische König Henry V dazu alle Gefangenen ohne Rücksicht auf den Stand ermorden zu lassen.
Wenn diese Faden geht nicht um das Wappen Ebert, dann bin ich noch mehr verwirrt als ich dachte.

Das ist eine interessante Geschichte. Aber ich glaube nicht, dass der Befehl, die Gefangen zu töten war ohne Rücksicht auf Stand. Sechs andere Gefangene mit hohem Rang waren zu der König gebracht und haben überlebt. Ich glaube nicht, dass der Langbogenschütze kannte all die Wappen und wahrscheinlich haben der Rang nach Qualität der Rüstung geschätzt.
Tejas552 hat geschrieben:
01.06.2022, 10:51
Kaisertreuer2 hat geschrieben:
31.05.2022, 15:56
Eigentlich bewundere ich die Phantasie des Mittelalter betreffend der Heraldik. Ich bin mir auch sicher, daß bei einem Turnier das Wappen mit dem Eberlöwen inklusive der Helmzier vom Herold durchgewunken worden wäre und er nicht den Zollstock gezückt hätte, weil er meinte, die Helmzier sei zu gedrungen geraten.

...
Stimmt, niemand hat bei Turnieren jemals die Grössenverhältnisse von Schild, Helm und Helmzier geprüft. Die entsprechende Regel, dient einzig und allein dazu die Erkennbarkeit des Vollwappens in einer Wappenrolle zu gewährleisten.

Der Eberlöwe hätte im Turnier oder im Kriegsaufgebot womöglich dann Probleme bereitet, wenn ein anderer Teilnehmer einen gleichfarbigen Wappenschild mit einem Löwen darauf geführt hätte und der Eberteil des Mischwesens sich nicht deutlich genug vom entsprechenden Löwenteil unterschieden hätte. In diesem Fall könnten die Wappen im Turnier oder Schlachtgetümmel verwechselbar sein. Zugegebenermassen ist dies eine unwahrscheinliche Konstellation.

Vielleicht noch interessant: Vor einer mittelalterlichen Schlacht wurden den Fusssoldaten die Wappen der Ritter gezeigt. Dies ist z.B. für die Schlacht bei Tannenberg (1410) überliefert, in der der Deutsche Ritterorden einem Heer aus Polen, Russen, Litauern und Tataren gegenüber stand. Die Fusssoldaten (häufig waren es Söldner) sollten wissen welche Ritter, darunter die Gast-Ritter des Ordens, auf ihrer Seite kämpften, damit sie nicht versehentlich die eigenen Ritter angriffen. Für die Ritter war es daher lebenswichtig, dass die Schilde so einfach, klar, wiedererkennbar und einprägsam waren wie möglich.
Der Größe von Schild und Helm sind abhängig von dem menschlichen Körper. Der Größe des Helmzier ist anders. Ein Kopf als Helmzier kommt weniger oft in Deutschland vor im Vergleich zur England. Stattdessen ist der Rumpf üblich. Wenn ein deutsches Wappen hat ein Kopf als Helmzier, gibt ist auf etwas Extra, das macht es höher. Warum?

Ich stimme zu dass der Eberlöwe hat eine bestimmte Wechselgefahr. Der Helmzier aber nicht. Gibt es eine Regelung in Deutschland wegen Ähnlichkeit? Der College of Arms hat eine 2 linear Differenzen Regel. Ich weiß nicht ob der Eberlöwe das passen würde.

Wegen des Ordens, der Gast-Ritter und Fußsoldaten wahrscheinlich haben irgendeine Markierung getragen. Wahrscheinlich einem schwarzen Kreuz.

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 01.06.2022, 17:11

Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52
...
Wenn diese Faden geht nicht um das Wappen Ebert, dann bin ich noch mehr verwirrt als ich dachte.
...
Keine Sorge. Ich bin auch meistens mehr verwirrt als ich dachte. Aber nein, dies sollte eine Grundsatzdebatte sein, die extra vom Thread "Ebert" getrennt wurde.
Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52
Das ist eine interessante Geschichte. Aber ich glaube nicht, dass der Befehl, die Gefangen zu töten war ohne Rücksicht auf Stand. Sechs andere Gefangene mit hohem Rang waren zu der König gebracht und haben überlebt. Ich glaube nicht, dass der Langbogenschütze kannte all die Wappen und wahrscheinlich haben der Rang nach Qualität der Rüstung geschätzt.
Mit "ohne Rücksicht auf den Stand" meinte ich, dass Henry den Befehl gegeben hat Ritter zu töten, was eigentlich nicht üblich war. Das einige hochrangige Gefangene nicht getötet wurden stimmt. Der Herzog von Brabant hatte das Glück nicht.

Die Bogenschützen kannten sicher nicht die Wappen der französischen Ritter, aber Rüstung (die ja im Fall des Herzogs von Brabant fehlte) und Wappen zeigten ihnen grundsätzlich wie reich ein Gefangener war.

Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52

Der Größe von Schild und Helm sind abhängig von dem menschlichen Körper. Der Größe des Helmzier ist anders. Ein Kopf als Helmzier kommt weniger oft in Deutschland vor im Vergleich zur England. Stattdessen ist der Rumpf üblich. Wenn ein deutsches Wappen hat ein Kopf als Helmzier, gibt ist auf etwas Extra, das macht es höher. Warum?
Bin nicht sicher ob ich diese Frage gut verstanden habe. Don't hesitate to ask in English if that is your mother tongue.



Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52
Ich stimme zu dass der Eberlöwe hat eine bestimmte Wechselgefahr. Der Helmzier aber nicht. Gibt es eine Regelung in Deutschland wegen Ähnlichkeit? Der College of Arms hat eine 2 linear Differenzen Regel. Ich weiß nicht ob der Eberlöwe das passen würde.
Die Helmzier ist bei der Frage der Einmaligkeit nicht relevant. Der Schild muss einmalig und erkennbar sein. Ich würde gern mehr über die "2 linear Differenzen Regel" erfahren.


Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52
Wegen des Ordens, der Gast-Ritter und Fußsoldaten wahrscheinlich haben irgendeine Markierung getragen. Wahrscheinlich einem schwarzen Kreuz.
Die Ordensritter trugen weisse Waffenröcke mit schwarzem Kreuz. Von den Gastrittern nehme ich an, dass sie in ihren eigenen Waffenröcken gekämpft haben. Da es sich bei der Schlacht von Tannenberg nicht um einen Kreuzzug, also keine Heidenbekämpfung handelte, vermute ich, dass sie nicht einmal ein Kreuz an ihre Waffenröcke hefteten. Genau weiss ich das aber nicht.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Kaisertreuer2 » 02.06.2022, 08:22

So logisch eine "Wappenschau" vor einer Schlacht auch erscheinen mag, so habe auch ich meine Zweifel, ob es sie wirklich gab. Man stelle sich vor, man sieht erstmals hundert Wappenschilde mit unbekannten Wappen und soll sich die alle als "Freund" merken. In der Schlacht, wo ich um mein Leben haue, sehe ich 200 Wappenschilde, davon 100 mir nicht gezeigte, und soll mich nun erinnern, gehören die drei Schilde vor mir zu meiner Fraktion oder zum Gegner? Ich käme da arg ins schwimmen.
Das die Wappen als Erkennungszeichen in der Schlacht entstanden glaube ich nicht, sondern eher, daß sie ein Turniergag waren, der schnell um sich griff. Wir diskutierten das ja auch schon in einem anderen Faden. Die alten Ritter in der Schlacht kannten wohl die wenigsten Wappen von Freund und Feind, dafür brauchte man auch die Herolde, und auch diese brauchten Bücher und Wappenrollen, um sich alles zu merken und den Überblick zu behalten. In der Schlacht war wohl eher das Fähnlein wichtig, dem man folgte oder die Gruppe, in der man kämpfte.

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Claus J.Billet » 02.06.2022, 09:54

@ Kaisertreuer2
Danke, exakt so ist es :!:
Haben wir doch das beste Beispiel vor Augen :
die Farben der Ukraine Blau-Gelb
und auf der gegnerischen Seite das Z

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 02.06.2022, 12:15

Kaisertreuer2 hat geschrieben:
02.06.2022, 08:22
So logisch eine "Wappenschau" vor einer Schlacht auch erscheinen mag, so habe auch ich meine Zweifel, ob es sie wirklich gab. Man stelle sich vor, man sieht erstmals hundert Wappenschilde mit unbekannten Wappen und soll sich die alle als "Freund" merken. In der Schlacht, wo ich um mein Leben haue, sehe ich 200 Wappenschilde, davon 100 mir nicht gezeigte, und soll mich nun erinnern, gehören die drei Schilde vor mir zu meiner Fraktion oder zum Gegner? Ich käme da arg ins schwimmen.
Ganz so war es häufig gar nicht. In der Schlacht von Tannenberg (der wohl grössten Schlacht des gesamten Mittelalters mit zehntausenden Teilnehmern), kämpften nur etwa 300 Ritterbrüder auf Seiten des DO. Diese trugen alle einen weissen Schild mit schwarzem Kreuz. Dazu kamen noch einige Gäste des Ordens (weniger als 10 Personen). Dies waren hochrangige Adlige, wie der Herzog von Pommern und Mitglieder der schlesischen Herzogsfamilie. Um diese Personen ging es bei der Wappen-Schau. Die Vorstellung von hunderten oder tausenden von wappentragenden Schilden hat mehr mit Hollywood als mit der Realität zu tun.

Kaisertreuer2 hat geschrieben:
02.06.2022, 08:22
Das die Wappen als Erkennungszeichen in der Schlacht entstanden glaube ich nicht, sondern eher, daß sie ein Turniergag waren, der schnell um sich griff.
Als "Turnier-Gag" würde ich den Ursprung der Wappen nicht bezeichnen. Das Turnierwesen entstand Ende des 12. Jahrhunderts in Frankreich und fand ab Mitte des 13. Jahrhunderts weitere Verbreitung.

Wir stellen uns beim Turnier immer den Tjost vor, also den Zweikampf mit Lanze. Diese Form war erst spät verbreitet, als die Turniertätigkeit in die Städte zog. Viel häufiger waren Buhurt und Turnei, also Gruppen- bzw. Massenkämpfe mit stumpfen oder scharfen Waffen. Bei diesen Massenkämpfen herrschte oft ein solches Gewirr, dass hier derselbe Einwand wie bei einer Schlacht gelten muss.

Ich denke der Ursprung des Wappenwesens speisst sich aus verschiedenen Quellen: 1) das Siegelwesen 2) das Turnierwesen und 3) der Krieg. In allen drei Bereichen waren eindeutige und klar erkennbare Zeichen von grossem Nutzen.




Kaisertreuer2 hat geschrieben:
02.06.2022, 08:22

Wir diskutierten das ja auch schon in einem anderen Faden. Die alten Ritter in der Schlacht kannten wohl die wenigsten Wappen von Freund und Feind, dafür brauchte man auch die Herolde, und auch diese brauchten Bücher und Wappenrollen, um sich alles zu merken und den Überblick zu behalten. In der Schlacht war wohl eher das Fähnlein wichtig, dem man folgte oder die Gruppe, in der man kämpfte.

VG

Die Banner waren ganz sicher der wichtigste Orientierungspunkt in der Schlacht. Trotzdem waren die Wappenröcke und Schilde wichtig. Man darf sich nicht der Vorstellung hingeben, dass in den meisten Schlachten hunderte oder gar tausende Ritter im Einsatz waren. In vielen mittelalterlichen Schlachten kämpften nur sehr wenige Ritter (of nur eine Handvoll oder weniger). Einzelne Ritter wurden oft von weiteren berittenen und unberittenen Kämpfern begleitet, die aber nicht eigene, sondern die Farben ihres Ritters trugen. Sie kämpften mit, aber auch für ihren Ritter, d.h. sie sollten auch ihren Ritter schützen. Dafür war es wichtig, dass der Ritter klar durch Schild und Waffenrock für sie auch im Schlachtgetümmel erkennbar war.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Kaisertreuer2 » 02.06.2022, 18:13

Nun gut, wenn es weniger als 10 Mann waren, die sich der Masse zeigten, ist das eher ein "Vorstellen" der Personen, wie man es heute auch in Betrieben bei Gästen oder wichtigen Chefs her kennt. Das die vor der Schlacht auch den Waffenrock mit Schild dabei hatten ist verständlich. Damals mochte man eine solche Vorstellung als "Wappenschau" bezeichnet haben, aber war das wirklich das gleiche, was wir heute darunter verstehen?

VG

Ryan
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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Ryan » 02.06.2022, 18:50

Tejas552 hat geschrieben:
01.06.2022, 17:11

Ryan hat geschrieben:
01.06.2022, 16:52

Der Größe von Schild und Helm sind abhängig von dem menschlichen Körper. Der Größe des Helmzier ist anders. Ein Kopf als Helmzier kommt weniger oft in Deutschland vor im Vergleich zur England. Stattdessen ist der Rumpf üblich. Wenn ein deutsches Wappen hat ein Kopf als Helmzier, gibt ist auf etwas Extra, das macht es höher. Warum?
Bin nicht sicher ob ich diese Frage gut verstanden habe. Don't hesitate to ask in English if that is your mother tongue.
When actual knights wore actual crests, the size of the helmet and the shield were relatively fixed. The size of the crest itself could vary. They can vary because of the emblazonment, but some crests are always going to be tall. The German style of doing a head as a crest seems to be to either exaggerate the length of the neck or to do the torso without arms. Shorter crests, often have plumes of feathers or other decoration that I can't identify. It is possible that they were trying to make the crests a certain height, or maybe just high as possible. This could be to get attention in a tournament, or because a specific competition required it. This isn't done in British heraldry. Real physical crests were probably not twice as big as the helmets. Artists probably shrunk the helmet to make room for the crest and shield.


As far as the 2 linear difference rule, it means that a difference of tincture is not enough. I am not sure if lines of division are counted. My guess is that the Eberlöwe wouldn't be accepted by the College because it is one linear difference between either a boar rampant or a lion rampant. That would make it difficult to achieve the degree of difference, because there are so many coats of arms with a lion that just adding one additional difference wouldn't cut it. Adding a chief would make the arms having two differences from a lion rampant, but only one from a lion rampant with a chief. The 2 linear difference rule doesn't apply to people who are related.

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Re: Phantasie – gibt es ein Zuviel ?

Beitrag von Tejas552 » 03.06.2022, 06:40

Hier sind meine Antworten an Ryan nochmal auf Deutsch:



Ryan hat geschrieben:
02.06.2022, 18:50
....
When actual knights wore actual crests, the size of the helmet and the shield were relatively fixed.
I think it depends on the period we are talking about. Helmets ranged from small "skullcaps" to large "great helmets" and shields from Norman dragon shields to tiny bucklers. However, if we are talking about, say, 1370, I agree that helmets/helmets and shields were of a very similar size.

Ich denke, das hängt von der Zeit ab, über die wir sprechen. Helme reichten von kleinen "Schädelkappen" bis zu großen Kübelhelmen und Schilde von normannischen Drachenschilden bis zu winzigen Bucklern. Wenn wir jedoch von, sagen wir, 1370 sprechen, stimme ich zu, dass Helme und Schilde eine sehr ähnliche Größe hatten.

Ryan hat geschrieben:
02.06.2022, 18:50
The size of the crest itself could vary. They can vary because of the emblazonment, but some crests are always going to be tall. The German style of doing a head as a crest seems to be to either exaggerate the length of the neck or to do the torso without arms. Shorter crests, often have plumes of feathers or other decoration that I can't identify. It is possible that they were trying to make the crests a certain height, or maybe just high as possible. This could be to get attention in a tournament, or because a specific competition required it. This isn't done in British heraldry. Real physical crests were probably not twice as big as the helmets. Artists probably shrunk the helmet to make room for the crest and shield.
I think we have to distinguish between actual use and heraldry. The German/Swiss heraldry rules require that a full coat of arms is displayed with certain relative dimensions: Shield = 3, Helmet = 2, Crest = 3. I think this serves two functions: 1) the coat of arms is easier to recognise and 2) it is more aesthetically pleasing. Thus, if the object depicted on the helmet is inherently small, the German heralds will either elongate the object or add other elements to achieve the desired proportions.

Ich denke, wir müssen zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der Heraldik unterscheiden. Die deutschen/schweizerischen Heraldikregeln verlangen, dass ein Vollwappen mit bestimmten relativen Abmessungen dargestellt wird: Schild = 3, Helm = 2, Zier = 3. Ich denke, dass dies zwei Funktionen erfüllt: 1) Das Wappen ist leichter zu erkennen und 2) es ist ästhetisch ansprechender.
Wenn also das auf dem Helm dargestellte Objekt von Natur aus klein ist, werden die deutschen Herolde das Objekt entweder verlängern oder andere Elemente hinzufügen, um die gewünschten Proportionen zu erreichen.
Ryan hat geschrieben:
02.06.2022, 18:50

As far as the 2 linear difference rule, it means that a difference of tincture is not enough. I am not sure if lines of division are counted. My guess is that the Eberlöwe wouldn't be accepted by the College because it is one linear difference between either a boar rampant or a lion rampant. That would make it difficult to achieve the degree of difference, because there are so many coats of arms with a lion that just adding one additional difference wouldn't cut it. Adding a chief would make the arms having two differences from a lion rampant, but only one from a lion rampant with a chief. The 2 linear difference rule doesn't apply to people who are related.
That is very interesting. I discussed the design with a Swiss heraldic artist and master of the roll of arms, who expressed similar concerns and said he would advice additional differentiation for the shield design. German heraldry may be more lenient in this respect.

Das ist sehr interessant. Ich habe den Entwurf mit einem Schweizer Wappenkünstler und Wappenmeister besprochen, der ähnliche Bedenken äußerte und gesagt hat, er würde zu einer zusätzlichen Differenzierung des Schildentwurfs raten. Die deutsche Heraldik ist in dieser Hinsicht vielleicht etwas nachsichtiger.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 03.06.2022, 12:32, insgesamt 5-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

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