Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

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RobertK.
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Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von RobertK. » 15.02.2020, 15:09

Hallo und guten Tag in die Runde,

eine Grabplatte aus Obernkirchener Sandstein an der ev. Kirche in Volmerdingsen (gehört zu Bad Oeynhausen) gibt ein heraldisches Rätsel auf.
Bild
Deutlich zu erkennen: Der untere Teil wurde zu einem späteren Zeitpunkt zweit-genutz, mehr dazu im Folgenden.

Zunächst einige Informationen zur Geschichte, die mir der ehemalige Pfarrer der Gemeinde liebenswürdigerweise per E-Mail zugesendet hat (zusammengefasst):
Die Grabplatte stammt wohl ursprünglich aus Eidinghausen (knapp 4 km entfernt). Hier ist es nicht mehr nachvollziehbar, ob sie auch in der dortigen Kirche lag; sicher ist wohl, dass sie nach der Auflösung des Friedhofes am Schloss Ovelgönne in Eidinghausen im 19. Jahrhundert von dort kam und eine neue Verwendung als Brückensteg über einen Bach in Volmerdingsen erhielt (mit der unbearbeiteten Seite nach oben).
In den 30er Jahren des 20. Jahrhundert wurde die Bildseite wiederentdeckt. Ein Lehrer ließ die Grabplatte an der Wieteler Schule (knapp 2 km von Volmerdingsen) einlagern. Leider ist zu dieser Zeit eine Ecke abgebrochen.
Im Jahre 1976 wurde der Pfarrer der ev. Kirche zu Volmerdingsen vom damaligen Stadtheimatpfleger angesprochen, ob es nicht möglich wäre, die Grabplatte an der Kirche anzubringen, was dann ja auch geschah.

Die Grabplatte wurde 1989 in einem Sonderheft zur 900-Jahrfeier von Volmerdingsen besprochen.
Hier wird das Rätsel leider auch nicht aufgelöst, es wird aber eine Erklärung für den wohl in zweiter Nutzung veränderten unteren Bereich gegeben. Auf diesem hat der Stadtheimatpfleger die Jahreszahl „1764“ und der Pfarrer die (vervollständigten) Namen „Chalon gen. Gehle“ und „Amstenrad“ abgelesen.
Hier wird es sich um das Ehepaar Moritz von Schloen [=Chalon] gen. Gehle und Anna Lukretia von Amstenradt handeln. Dieses war kinderlos geblieben, ihr Schloss Overlgönne wurde an die katholische Mission zu Vlotho vermacht (das führte im weiteren Verlauf der Geschichte zu Erbstreitereien).
Anna Lukretia war seit dem 21. November 1714 Witwe und wird selber letztmalig 1725 urkundlich erwähnt. Es ist also nicht mehr nachvollziehbar, in welchem Zusammenhang die Jahreszahl „1764“ zu den beiden steht, zu dieser Zeit ist Schloss Ovelgönne schon längst im Besitz der Familie v. Weißenfels. Hierzu mehr in „Die Rittersitze der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentums Minden“ von Karl Adolf Freiherr von der Horst ab Seite 187 ff.

Zurück zum oberen Teil der Grabplatte. Es lässt sich heutzutage mit Sicherheit nur noch „ANNO 1“ ablesen, 1989 soll es noch „ANNO 16“ gewesen sein. Weitere Inschriften sind am Rande nicht mehr vorhanden.
Die Kleidung der Frau ähnelt der Kleidung der Anna von Münchhausen auf der Grabplatte vor der ev. Kirche zu Eidinghausen. Diese Anna ist nach 1583 gestorben, vermutlich aber vor 1600. Somit käme zeitlich die erste hälfte des 17. Jahrhunderts durchaus in Frage.

Lediglich Fragmente des Wappens des Gatten und des dazugehörigen Namens sind zu erkennen:
Bild

Schild: Geteilt?
Helmzier: Drei Straußenfedern.
Inschrift: HEGE[S?]......OHT

Bedingt durch das Material und die Herkunft der Grablatte ist davon auszugehen, dass es sich um etwas sehr regionales handeln sollte.
Die Frage könnte also lauten:
„Wer ist der Ehemann auf der Grabplatte, dessen Wappen in der Helmzier von drei Straußenfedern geziert wird, dessen Name mit „HEGE....“ beginnt und der im Umfeld von Schloss Ovelgönne in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gelebt hat?“

Beste Grüße
Robert

Joachim v. Roy
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Volmerdingsen: unbekannte Grabplatte

Beitrag von Joachim v. Roy » 15.02.2020, 18:05

Leider vermag ich zu dem interessanten Grabdenkmal keine Angaben zu machen.
Zu begrüßen ist, daß man die gewaltige Grabplatte am Volmerdingser Gotteshaus
befestigt hat, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelis ... ngsen1.jpg .

Freundliche Grüße vom Rhein

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RobertK.
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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von RobertK. » 15.02.2020, 18:17

Guten Abend Herr von Roy,

genau die ist es.

Beste Grüße
Robert

Joachim v. Roy
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Volmerdingsen: unbekannte Grabplatte

Beitrag von Joachim v. Roy » 16.02.2020, 19:29

Was das beschädigte Schriftband unter dem Wappen anlangt, so würde ich hier
an die im 14. und 15. Jahrhundert im Fürstentum O s n a b r ü c k verbreiteten
Herren VON HEGE (auch: VON HEGHE) denken, doch vermag ich weder die Helmzier
ihres Wappens (3 Straußenfedern?) noch ihren Besitz (...OHT) zu bestimmen., vgl.
http://wiki-de.genealogy.net/w/index.ph ... vu&page=70 . Die Adelsgeschlechter
VON [DER] HEGE I und II dürften hier wohl nicht in Erwägung zu ziehen sein.

Der Wappenschild der Osnabrücker Herren VON [DER] HEGE entspricht diesem Wappen:
https://www.familie-greve.de/wappeneint ... wid=101917 .

In Verbundenheit
J. v. R.

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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von Kleinschmid » 17.02.2020, 10:56

RobertK. hat geschrieben:
15.02.2020, 15:09
"... dessen Wappen in der Helmzier von drei Straußenfedern geziert wird, dessen Name mit „HEGE....“ beginnt?“
Auf diese Frage sollte Freiherr v. Recum (vom HEROLD e.V.) eine Antwort geben können, weil sich m. E. dessen Datenbank nach den beiden Feldern 'Helmzier' und 'Familienname' abfragen läßt.

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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von RobertK. » 17.02.2020, 12:06

Hallo Herr Kleinschmid,

wie kann man mit Herrn v. Recum Kontakt in dieser Sache aufnehmen? Als Anfrage über den Herold e.V.?
Oder hat einer in dieser Runde vielleicht einen direkten Draht zu ihm?

Beste Grüße
Robert

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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von Kleinschmid » 17.02.2020, 17:26

Seine Datenbank ist leider nicht öffentlich. Es gibt sicher viele Freunde der Heraldik, die - natürlich ggf. auch kostenpflichtig - gerne eine Zugang dazu hätten. Wir hatten uns hier 2018 darüber ausgetauscht. In diesem Forum schrieb Frhr. Recum letztmalig im Nov. 2019 einen Beitrag. Ansonsten müßte man es eben beim Herold versuchen. Und nein, ich selbst habe keinen direkten Draht zu ihm.

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Literaturhinweis zu den Themen Grabdenkmäler, Totenschilde u. Epitaphien

Beitrag von Kleinschmid » 19.02.2020, 15:20

Hat mit der aktuellen Sache nichts zu tun, aber weil wir öfters mit Grabdenkmälern, Totenschilden und Epitaphien zu tun haben, möchte ich nachfolgenden Online-Bildband empfehlen:

Martin Gerlach: Todtenschilde und Grabsteine. Wien 1896, 70 Blatt Lichtdrucke [überwiegend von Süddeutschland und Österreich]
https://digitalesammlungen.uni-weimar.d ... 86301/6/-/
Es besteht die Möglichkeit zum download des gesamten Bandes.

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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von RobertK. » 16.03.2020, 19:02

Hallo in die Runde,

Freiherr v. Recum hat zur unbekannten Familie/zum unbekannten Wappen recherchiert, wofür ich ihm auch an dieser Stelle noch einmal herzlich danke.
Leider konnte das Rätsel nicht gelöst werden.
Danke für euer Interesse und eure Mithilfe, ich lege diesen Vorgang erst einmal bis auf Weiteres ad acta.

Beste Grüße
Robert

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Re: Volmerdingsen: Unbekannte Grabplatte

Beitrag von Kleinschmid » 17.03.2020, 11:32

Schönen Dank für die Rückmeldung!

Gut zu wissen, daß die Datenbank also u. U. noch zugänglich ist.

Schade, aber dann wird sich das Rätsel in der Tat nicht mehr auflösen lassen.

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