Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

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Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von FreisingerVolontär » 15.09.2015, 09:57

Liebe User,

mein erster Beitrag auf diesem Forum, und gleich brauche ich Ihre Hilfe. Ich bin wiss. Volontär im Diözesanmuseum Freising. Da ich Geschichte studiert habe und den Fehler beging, auf mein Faible für Heraldik hinzuweisen, wurde ich gleich mit eine sehr kniffligen Aufgabe betraut.

Eine Ewiglichtampel (lit. Gerät), Süddeutsch, wohl 17. Jhd., für einen Mariahilf-Altar geschaffen, weißt ein (Stifter-)Wappen auf, über dessen Herkunft man gerne mehr wüsste.

Der geschlossene Kolbenhelm und die Laubkrone weisen auf einen nichtitulierten Adel hin. Die Helmzier zeigt einen jungen bartlosen Mann oder auch eine Frau - die Kleidung ist eher männlich - der/die eine Rose in der linken Hand hält, und mit der rechten Hand eine segnende Gäste macht.

Der Schild ist Geviert, in 2. und 3. ein - laut angedeuteter Schraffur - blauer Linksschrägbalken auf rotem Grund. Heraldisch unkorrekt.
In 1. ein Bündel natürlicher Lilien oder andere Blumen, in 4. ein menschlicher Kopf/Schädel mit Linien, die Knochen, aber auch Flügel sein können.

Über JEDE Art von Kommentar oder Hilfe würde ich mich sehr, sehr freuen! Kann es ein Fabelwappen der Jungfrau Maria sein?

Beste Grüße und Bilder sind angehängt!
P.
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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von FreisingerVolontär » 15.09.2015, 09:58

Sorry, habe das zweite Bild vergessen
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Gerd
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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von Gerd » 15.09.2015, 12:04

Hallo,

zur Familie kann ich erstmal noch nichts sagen. Der Bügelhelm mit Krone sind heraldisch normal und können durchaus tituliertem Adel gehören. Das es kein Patrizierwappen ist darauf deutet wie mir scheint die Kette mit Medaillon am Helm hin. Die Initialen über dem Helm könnten auch weiter helfen.

Wenn ich richtig sehe steht da AVR, was auf A.... von R.... hindeuten könnte. Oder hat das eine andere Bedeutung?
Mit besten Grüssen
Gerd
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FreisingerVolontär
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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von FreisingerVolontär » 15.09.2015, 14:45

Gerd H.z.B. hat geschrieben: Wenn ich richtig sehe steht da AVR, was auf A.... von R.... hindeuten könnte. Oder hat das eine andere Bedeutung?
Danke für den Hinweis mit dem Kleinod, dass habe ich ja ganz übersehen! Was die Initiale angeht, so hatte ich gedacht, dass es sich um das Ave Maria Regina Iesi handelt, aber Sie haben Recht, es könnte sich auch um ein Initial des Stifters handeln: A V/W R, gekrönt von einem I . Das "Motto" um das Wappen bezieht sich eindeutig auf die Muttergottes, denn es besagt "Tu mi[c]hi Sola Salus", "Du meine einzige Gnade".

Joachim v. Roy
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Ampel 17. Jh.

Beitrag von Joachim v. Roy » 15.09.2015, 17:07

Hallo, Herr Volontär,!

vielen Dank für die beiden gelungenen Fotos.

Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Buchstaben AMR für Ave Maria Regina stehen. Für diese Annahme spricht nicht zuletzt das „Motto“ Tu mi[c]hi Sola Salus. Das „l“ über dem AMR erschließt sich mir nicht.

Im Feld 1 des Wappenschildes mögen in der Tat Lilien (doch wohl keine Tulpen) zu erkennen sein, gleichwohl verbietet sich die Annahme, daß es sich bei dem Stifterwappen (Familienwappen) um ein „Fabelwappen der Jungfrau Maria“ handeln könnte. Im Feld 4 dürfte ein Totenkopf nebst Gebein zu erkennen sein.

Das tadellos gravierte Wappen ist heraldisch korrekt, an dieser Feststellung ändert auch der über die 4 Felder gelegte Schräglinksbalken nichts. Daß es sich hier um das Wappen einer Adelsfamilie, gar einer solchen des „titulierten“ Adels handeln soll, wage ich zu bezweifeln. Das Wappen kann ebenso gut einer betuchten Familie des Großbürgertums gehört haben. Diese Feststellung vermag weder durch den „adeligen“ Helm noch durch die Helmkrone erschüttert zu werden. In diesem Forum haben wir uns oft darüber unterhalten, daß derartige Helme früher auch von Familien des Großbürgertums geführt wurden (sic!).

Ich selbst vermag die wappenführende Stifterfamilie nicht zu bestimmen. Hier wäre es hilfreich, wenn man wüßte, in welchem Gotteshaus sich die Ampel einst befand.

Freundliche Grüße vom Rhein

Joachim v. Roy
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Ampel 17. Jh.

Beitrag von Joachim v. Roy » 15.09.2015, 17:25

Nachtrag

Könnte man das "AMR" etwas deutlicher zu sehen bekommen?

MfG

wrangler
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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von wrangler » 16.09.2015, 07:13

Sehe ich da rechts unten ein kleines Memento Mori (Totenkopf) im Wappenfeld?
Das wirkt wie nachträglich "eingekratzt", ist das wirklich Bestandteil des Wappens?

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Re: Ampel 17. Jh.

Beitrag von FreisingerVolontär » 16.09.2015, 07:16

Joachim v. Roy hat geschrieben:Hier wäre es hilfreich, wenn man wüßte, in welchem Gotteshaus sich die Ampel einst befand.
Am besten ich poste hier alles an Informationen, welche mir selbst mitgeteilt worden sind, es ist eher ein Katalog von kalten Spuren und roten Heringen...

Ewiglichtampel, I.F. Canzler, 1743 ??)

Spur Maria Hilf – Gnadenbild
„Tunc Auxiliare Cliente“
=> Mariahilfaltäre in München, St. Peter/ München, Au/ Passau & Vilsbiburg

Dr. Anton Kajetan von Unertl (Theologe + Dekan von St. Peter 1724 – 53), unter ihm neue Ausstattung Choraltar und Neugestaltung Chorraum => Canzler fertigt 1750 vergoldeten Tabernakel + 1775 Silberrahmen für MariaHilfGnadenbild

(Im Überblickswerk von Hefner/ Seyler: „die Wappen des bayerischen Adels“ nichts Vergleichbares zu finden.
Unertl ist es auch nicht, hat Ritter im Wappen, außerdem geistlich)

Stiftungen durch Pelzhändler Mathias Geltner (4000 Gulden)

Auftraggeber: Kurfürsten von Bayern, Karl und Amalia + Fürstbischof FS + Regensburg Johann Theodor
Mirakelbuch? / Inventar? / Erwerb?

Keine Bruderschaftsdokumente des 18. Jh. erhalten, (Inventarverzeichnis bis 1699, Einschreibebuch (mit Wappendarstellungen) bis ~1709, ---), früheste Verzeichnis danach:
- Inventarverzeichnis v. 20. Januar 1839 erwähnt am Maria-Hilf-Altar: „1 Ampel von Günthers Arbeit, 3 Gulden
[Angabe muss aus einem früheren Verzeichnis hervorgehen]
- heute keine Güntherampel in St. Peter bekannt
- Archivar H. Haidn meint sich „an so eine Ampelskizze, vielleicht war es auch so eine Vase [Maikrug], in der Schachtel mit alten Dokumenten zum Maria-Hilf-Altar“ zu erinnern, will sie raussuchen und scannen.
- Allerdings ist die Zuordnung zu unserer Ampel von 1743 sehr fraglich, da Günther zu diesem Zeitpunkt noch in Ausbildung
- Im Inventarverzeichnis von 1904-10 heißt es nur noch: „Nr. 1 1 silb. Ampel / 4 [.?.] 26 Ltf., Zeit der Anschaffung unbekannt, Zustand gut, Anschaffungskosten (M)369 (D?)60
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FreisingerVolontär
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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von FreisingerVolontär » 16.09.2015, 07:18

wrangler hat geschrieben:Sehe ich da rechts unten ein kleines Memento Mori (Totenkopf) im Wappenfeld?
Das wirkt wie nachträglich "eingekratzt", ist das wirklich Bestandteil des Wappens?
Das fiel mir auch auf, es wirkt sehr unprofessionell gemacht und klebt förmlich am Rand des Schilds. Aber nach allem was ich weiß, ist es schon original, denn ansonsten wäre das Schildfeld leer. :shock:

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Jochen
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Re: Ampel 17. Jh.

Beitrag von Jochen » 16.09.2015, 08:43

Joachim v. Roy hat geschrieben:Nachtrag

Könnte man das "AMR" etwas deutlicher zu sehen bekommen?

MfG
Wäre schön .... Ich meine, ein großes "Omega" mit stark verlängerten "Serifen" zu erkennen.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Re: Ampel 17. Jh.

Beitrag von FreisingerVolontär » 16.09.2015, 09:36

Joachim v. Roy hat geschrieben:Nachtrag

Könnte man das "AMR" etwas deutlicher zu sehen bekommen?

MfG
Sehr gern!
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Joachim v. Roy
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Wappen auf einer Ewiglicht-Ampel

Beitrag von Joachim v. Roy » 16.09.2015, 10:20

Vielen Dank für das blau ausgemalte AMR. Es muß schon für „Ave Maria Regina“ stehen, andernfalls ergäbe das „Motto“ keinen Sinn. Dennoch ist nicht auszuschließen, daß die gesamte Buchstabengruppe auch auf den Namen des Stifters bzw. der Stifterin hindeutet.

Daß der Totenkopf nachträglich und zudem wenig fachmännisch in das Wappen hineingekratzt wurde, liegt auf der Hand. Das fragliche Feld dürfte weiß (heraldisch: silbern) gewesen sein.

Handelt es sich bei der bettlägrigen Person, welche auf das brennende Herz („Maria“) hinweist, um eine Frau auf dem Sterbebett ? Motto: „In diesem Licht werde ich ausruhen“ ?

MfG

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Re: Stifter - Wappen auf einer Ewiglichtampel

Beitrag von Jochen » 16.09.2015, 11:08

Das Motto ist mir etwas rätselhaft.

Ich lese: "Hic lucente quiescam".

"Hic" kann entweder "dieser" (Nominativ Singular Masculinum des Demonstrativpronomens hic/haec/hoc) - oder aber auch einfach nur "hier" heißen.

"Hic lucente" kann keine grammatische Einheit sein, da "lucente" Ablativ (des Partizips Präsens Aktiv von lucere) ist.

Die grammatische Figur wäre ein sogenannter "partizipialer Ablativus absolutus" - nur braucht auch der Abl.abs. eben eigentlich ein Subjekt (ebenfalls im Ablativ).

Es müßte dann "hoc (Ablativ Masculinum/Neutrum) lucente" oder "hac (Ablativ Femininum) lucente" heißen.

"Hac lucente quiescam" hieße dann beispielsweise: "Wenn/Wo/Sobald diese (= Maria?) leuchtet, werde/möge ich Ruhe finden".

Wäre sinnvoll - nur gibt meine Lesung das nicht her....

Möglich wäre noch eine "Ellipse", hier etwa: ein "verstümmelter" Abl. abs. (unter Weglassung des Subjekts (letzteres hier wohl = "ich", zu erschließen aus "quiescam" = "ich werde/möge ruhen")), zu lesen wie: "Hic me lucente quiescam" = "Hier leuchtend werde/möge ich ruhen".

Genauer vielleicht noch: "Hier, da ich leuchte, werde/möge ich meine Ruhe finden"

Das ergibt aber m.E. keinen Sinn, und ich bin mir auch nicht sicher, ob ein Abl.abs. ohne konkret benanntes Subjekt klassisches Latein ist.....

Aber vielleicht liege ich auch ja mit der Lesung oder der Deutung schief, oder es liegt einfach ein schlichter Fehler vor....
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Re: Ampel 17. Jh.

Beitrag von FreisingerVolontär » 25.09.2015, 08:43

Joachim v. Roy hat geschrieben: Das tadellos gravierte Wappen ist heraldisch korrekt, an dieser Feststellung ändert auch der über die 4 Felder gelegte Schräglinksbalken nichts. Daß es sich hier um das Wappen einer Adelsfamilie, gar einer solchen des „titulierten“ Adels handeln soll, wage ich zu bezweifeln. Das Wappen kann ebenso gut einer betuchten Familie des Großbürgertums gehört haben. Diese Feststellung vermag weder durch den „adeligen“ Helm noch durch die Helmkrone erschüttert zu werden. In diesem Forum haben wir uns oft darüber unterhalten, daß derartige Helme früher auch von Familien des Großbürgertums geführt wurden (sic!).

Ich selbst vermag die wappenführende Stifterfamilie nicht zu bestimmen. Hier wäre es hilfreich, wenn man wüßte, in welchem Gotteshaus sich die Ampel einst befand.
Die Ampel hing im Alten Peter zu München, und dort wird sie auch wieder hängen. Was das Wappen angeht, habe ich nochmals meine kleinen grauen Zellen angestrengt und einige Optionen gefunden...

Die Familie Iven kommt aus dem heutigen Rheinland Pfalz um Koblenz herum, eine mögliche merkantile oder religiöse oder familiäre Verbindung zum Münchner Raum ist also eine mögliche Option, denen es nachzufolgen gilt. Das Wappen ist zweigespalten, oben drei Lilien/Blumen, unten silbern. In einem Allianzwappen kann man das denke ich auch in ein Geviert aufteilen?

Die anderen Namen wären Totenschädel-tragend, wobei mir die schlechte Qualität des Schädels (?) auf der Ampel, angesichts der guten übrigen Handwerkskunst, sauer aufstösst... und diese Häuser kommen aus Norddeutschland...
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Re: Wappen auf einer Ewiglicht-Ampel

Beitrag von FreisingerVolontär » 25.09.2015, 08:45

Joachim v. Roy hat geschrieben: Daß der Totenkopf nachträglich und zudem wenig fachmännisch in das Wappen hineingekratzt wurde, liegt auf der Hand. Das fragliche Feld dürfte weiß (heraldisch: silbern) gewesen sein
Ich stimme Ihnen zu!
Joachim v. Roy hat geschrieben: Handelt es sich bei der bettlägrigen Person, welche auf das brennende Herz („Maria“) hinweist, um eine Frau auf dem Sterbebett ? Motto: „In diesem Licht werde ich ausruhen“ ?
Meines Erachtens handelt es sich um den Stifter selbst, die stilisierten Figuren sehen sich sehr ähnlich, er scheint auch im symbolischen Bett eine Perücke zu tragen.

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