Oberwappen - Gestaltungsfreiraum

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7Rauten

Oberwappen - Gestaltungsfreiraum

Beitrag von 7Rauten » 29.07.2014, 10:14

Hallo zusammen,

ich lese seit Jahren fleißig mit in diesem Forum und war vor etwa 10 Jahren schon einmal angemeldet - wegen Inaktivität (fehlende Logins?) wurde meine Registrierung aber evtl. gelöscht. Heute möchte ich mich mit einem speziellen Sachverhalt an die Expertenrunde wenden (s. nachstehend).

Bei dem Wappen, das in meiner Familie geführt wird, beschäftigt mich eine Sache, die ich nachfolgend darstellen möchte. Im Schild finden sich 7 Rauten, die immer 4:3 gestellt sind. Die 7 Rauten werden im Oberwappen, auf einem offenen Flug, in 2 belegten Fällen wie folgt aufgegriffen:

1. auf einer Urkunde von 1698 findet sich ein Siegel von meinem Urur...großvater. Hier ist

der heraldisch rechte Flügel mit 3 Rauten (2:1) und
der heraldisch linke Flügel mit 4 Rauten (2:2) belegt.

2. auf einer weiteren Urkunde von 1756 findet sich das Siegel eines Enkels des Sieglers von 1698. Hier ist der offene Flug wie folgt mit den 7 Rauten belegt:

der heraldisch rechte Flügel mit 4 Rauten (2:2) und
der heraldisch linke Flügel mit 3 Rauten (1:2).


Handelt es sich hier bei der Belegung des offenen Fluges heraldisch betrachtet um einen Gestaltungsfreiraum (also persönlicher Geschmack) bei der Ausführung oder ist das eher als unzulässige Schlamperei zu werten?

Ist die ältere Variante korrekter oder wie ist das zu werten?

Ich freue mich sehr über jede Meinung :!:

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 29.07.2014, 11:02

Im vorliegenden Fall kam es den beiden Siegelinhabern darauf an, auf dem offenen Flug 7 Rauten unterzubringen. Daß hierbei unterschiedlich verfahren wurde,
dürfte auf den persönlichen Geschmack der beiden Siegelinhaber zurückzuführen sein. In älterer Zeit hätte man wohl jeden der beiden Flügel
mit dem gesamten Wappenschild (nicht allein mit den Rauten) belegt oder - wie bei den Freiherren v. Torck - den Wappenschild zwischen die beiden Flügel gesetzt
(vgl. http://www.wappenbuch.de/pages/wappen_1 ... macher.htm ).

Freundliche Grüße vom Rhein

7Rauten

Beitrag von 7Rauten » 18.08.2014, 18:43

Vielen Dank für Ihre Antwort Herr von Roy,

zunächst möchte ich mich für meine späte Antwort entschuldigen.

Durch weitere Recherchen, komme ich auch zu dem Schluss, dass es bei den beiden genannten Beispielen offenbar vornehmlich darum ging insgesamt 7 Rauten auf dem Flug unterzubringen. Die Verteilung könnte dabei tatsächlich beliebig gewesen sein. Es gibt zwar 4 verschiedene Möglichkeiten die 7 Rauten (4:3) des Schildes auf den beiden Flügeln des Flugs zu verteilen:

2:2 und 2:1 / 2:2 und 1:2 / 1:2 und 2:2 / 2:1 und 2:2,

aber als möglicherweise bewusst gewählte Differenzierungsmerkmale scheinen mir diese Varianten zu schwach zu sein. Das sehen Sie wahrscheinlich auch so?

Ganz im Gegensatz zu dem Wappen der von Ihnen angeführten späteren Freiherren Torck zu Nordherringen bzw. zu Kreuzau, die das alte westfälische Stammwappen unverändert - mit dem Schild en miniature zwischen dem Flug - fortgeführt haben.
Was diese auch von den nierderländischen (vor 1648 noch Gebiete des Hl. Röm. Reich) Torck (Turck) Zweigen unterscheidet, die jeweils 7 Rauten pro Flügel (!) auf dem Flug führten.
In älterer Zeit hätte man wohl jeden der beiden Flügel
mit dem gesamten Wappenschild (nicht allein mit den Rauten) belegt
Bei den niederländischen Torck (Turck) Wappen ist dies im Falle der Papierheraldik auch noch im 16. und 17. Jdh. so. Bei den Siegeln aus der Zeit scheinen jedoch einzig die Rauten auf dem Flug im Höhenprofil kenntlich gemacht worden zu sein; das Schildhaupt oder die Teilung aber nicht.
Zu dem hier verlinkten und im Siebmacher abgebildeten Wappen der westfälischen Torck, sei noch vermerkt, dass es richtiger wäre den Flug rot und blau bzw. die Helmdecken rot und blau geteilt darzustellen.

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HFRudolph
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Beitrag von HFRudolph » 27.08.2014, 11:26

Hallo 7Rauten,

genaugenommen bemisst sich die „richtige“ Darstellung des Wappens nach dem Blason. „Flug belegt mit 7 Rauten“ wäre als Blason wohl wegen Ungenauigkeit nicht ausreichend, da die Beschreibung eine konkrete Wappendarstellung wiedergeben muss.

Nicht vergessen sollte man allerdings, dass man ein Wappen gespiegelt abbilden kann, wenn der Helm nach heraldisch links sieht. In dem Fall wäre auch das Helmkleinod gespiegelt darzustellen.

Besten Gruß

7Rauten

Beitrag von 7Rauten » 28.08.2014, 08:43

Hallo HFRudolph,

danke für die Antwort.

Bei den Siegelabdrücken blicken die Helme, wenn sie es tun, nach heraldisch rechts. An einer Spiegelung liegt es also nicht.

Das mit dem Blason ist richtig, leider ist dieser Zweig im Gegensatz zu den genannten"prominenten" Zweigen gar nicht in der Standard-Literatur dokumentiert. Deshalb bin ich schon froh wenn sich hier und da auf Urkunden ein aufgedrücktes Siegel findet. Einen hinterlegten Blason, der die Darstellung in Stein meißelt, gibt es deshalb leider nicht. Wie Herr v. Roy schon schrieb, ging es vermutlich wirklich nur darum 7 Rauten auf dem Flug unterzubringen.

Beste Grüße

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Beitrag von HFRudolph » 02.09.2014, 16:21

Naja, immerhin muss die Petschaft, also der Siegelstempel, spiegelverkehrt gestochen werden, damit der Siegel dann richtig herum erscheint.

Bei soetwas haben sich schon die routiniertesten Profis vertan, ebenso wie sich selbst Büchsenmacher schon versehentlich erschossen haben. Vielleicht gab es dann Rabatt und man hat beide Augen zugedrückt (nicht beim Büchsenmacher natürlich).

7Rauten

Beitrag von 7Rauten » 02.09.2014, 16:54

Diese Erklärung gefällt mir, weil so schön menschlich - besonders der Teil mit dem Preisnachlass :lol:

Wer weiß, möglich ist alles. Fragen kann ich ja leider nicht mehr.

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