Rangkronen/Wappenkronen

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hage09
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Rangkronen/Wappenkronen

Beitrag von hage09 » 12.06.2013, 16:48

Guten Tag,

derzeit beschäftige ich mich mit Besitzkennzeichen auf Bucheinbänden aus den privaten Bibliotheken des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Vorderdeckel zeigen geprägte Monogramme mit darüber schwebenden Rangkronen. Bei deren Identifizierung erschien zunächst alles stimmig, da die ersten untersuchten Kronen dem jeweiligen Rang der Herzöge entsprach. So fand sich beispielsweise bei Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach ein Fürstenhut. Bei Großherzog Carl August und seinen Nachfolgern ist über den Monogrammen jedoch eine Königskrone zu sehen, die auch für das große Staatswappen verwendet wurde. Alle sechs deutschen Großherzogtümer führten offenbar eine Königskrone im Wappen. Auch bei den Wappen anderer Fürstentümer fällt auf, dass die Kronen oftmals nicht den Rang des Inhabers anzeigen, sondern einen höheren.
Kann mir jemand erklären, was es damit auf sich hat?

Viele Grüße
hage09
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Wappenkundler
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Re: Rangkronen/Wappenkronen

Beitrag von Wappenkundler » 13.06.2013, 17:06

hage09 hat geschrieben:Guten Tag,

derzeit beschäftige ich mich mit Besitzkennzeichen auf Bucheinbänden aus den privaten Bibliotheken des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Vorderdeckel zeigen geprägte Monogramme mit darüber schwebenden Rangkronen. Bei deren Identifizierung erschien zunächst alles stimmig, da die ersten untersuchten Kronen dem jeweiligen Rang der Herzöge entsprach. So fand sich beispielsweise bei Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach ein Fürstenhut. Bei Großherzog Carl August und seinen Nachfolgern ist über den Monogrammen jedoch eine Königskrone zu sehen, die auch für das große Staatswappen verwendet wurde. Alle sechs deutschen Großherzogtümer führten offenbar eine Königskrone im Wappen. Auch bei den Wappen anderer Fürstentümer fällt auf, dass die Kronen oftmals nicht den Rang des Inhabers anzeigen, sondern einen höheren.
Kann mir jemand erklären, was es damit auf sich hat?

Viele Grüße
hage09
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Der "Fürstenhut" für Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach ist korrekt, da Sachsen-Weimar-Eisenach ein Fürstentum war und Anna Amalia, nach dem Tod ihres Gatten Ernst August Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach, die Regierung dieses Fürstentums angetreten hat.

Die Königskrone für Großherzog Carl August ist ebenfalls korrekt, da dem Großherzog Carl August das Prädikat "Königliche Hoheit" zustand. Deshalb wurde auf den Schild, anstelle des Herzogshuts, die sächsische Königskrone gesetzt.

P. S. Allen Großherzögen und Erbgroßherzögen stand das Prädikat "Königliche Hoheit" zu.
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hage09
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Beitrag von hage09 » 13.06.2013, 17:13

Sehr geehrter Wappenkundler,

vielen Dank für die schnelle und erhellende Antwort. Wenn ich Sie richtig verstehe, bezieht sich die Königskrone also nicht direkt auf den Rang, sondern ist ein Resultat der Anrede "Königliche Hoheit".
Da Carl August die Königskrone schon vor seiner Erhebung zum Großherzog benutzte, ergibt sich für mich noch die Nachfrage, ob ein Herzog um 1800 ebenfalls mit "Königliche Hoheit" angesprochen wurde.

Vielen Dank und Grüße
hage09

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 13.06.2013, 17:27

hage09 hat geschrieben:Sehr geehrter Wappenkundler,

vielen Dank für die schnelle und erhellende Antwort. Wenn ich Sie richtig verstehe, bezieht sich die Königskrone also nicht direkt auf den Rang, sondern ist ein Resultat der Anrede "Königliche Hoheit".
Da Carl August die Königskrone schon vor seiner Erhebung zum Großherzog benutzte, ergibt sich für mich noch die Nachfrage, ob ein Herzog um 1800 ebenfalls mit "Königliche Hoheit" angesprochen wurde.

Vielen Dank und Grüße
hage09
Ein Großherzog führte das Prädikat "Königliche Hoheit". Deshalb auch die Königskrone.

Und Carl August übernahm bereits 1775 die Regierung des Großherzogtums Sachens. Deshalb ab da auch die Königskrone.
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hage09
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Beitrag von hage09 » 13.06.2013, 17:36

Carl August hat zwar 1775 die Regierung übernommen, aber befand sich doch bis zum Wiener Kongress 1815 "lediglich" im Rang eines Herzogs, oder täusche ich mich?

Viele Grüße und nochmals vielen Dank für Ihre Mühe
hage09

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 13.06.2013, 17:39

Gert Oswald (Lexikon der Heraldik, Leipzig 1984, S. 170, 320) zufolge „besteht die G r o ß h e r z o g s k r o n e aus einer goldenen, mit acht Spangen (fünf sichtbar) versehenen Krone, in der sich eine niedere (!) P u r p u r m ü t z e befindet. In Belgien, Dänemark, Schweden und Norwegen, früher auch in Portugal, erscheint sie
als K ö n i g s k r o n e . Außerdem befindet bzw. befand sie sich noch in den Staatswappen von Anhalt, Braunschweig, Bulgarien, Luxemburg, Monaco, Reuß ältere und jüngere Linie, Sachsen-Meiningen sowie Sachsen-Coburg und Gotha.“ Oswald (a.a.O., S. 234) zufolge „wurde die moderne Königskrone, in deren Inneren sich in der Regel (!!) kein Futter befindet, mitunter zu U n r e c h t auch von Großherzögen, Herzögen und Fürsten geführt.“

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Form der königlichen und großherzoglichen Rangkronen einfach u n b e s t i m m t war. Von einer großherzoglichen Anmaßung würde ich hier nicht ausgehen.


Freundliche Grüße vom Rhein

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 13.06.2013, 17:43

Fehler vom mir!

Carl August wurde erst 1815 Großherzog. Und als Herzog führte er dann auch nicht das Prädikat "Königliche Hoheit", da dieses nur Großherzögen und Erbgroßherzögen zustand. Führte Carl August also bereits vor 1815 einen Wappenschild mit aufgesetzter Königskrone, so war dies nicht korrekt.

Herzöge führten lediglich das Prädikat: "Hoheit".

P.S. Aber die Sache mit der Königskrone wurde offenbar nicht so eng gesehen. :wink:
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hage09
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Beitrag von hage09 » 13.06.2013, 18:04

Zur Antwort v. Roy:

vielen Dank für Ihren Beitrag, dem ich bis auf einen Punkt zustimme. Ich denke nicht, dass es gerade in der historischen Heraldik in dem von Ihnen angedeuteten Ausmaß zu Ungenauigkeiten kam. In Zeiten, wo es dafür eigene Ämter und genaue Regeln gab, gehe ich lieber erstmal von einem Rätsel aus, das es zu knacken gilt. Drunter und drüber geht es ja eher heutzutage mit der Heraldik, oder? (Sorry, hoffentlich werde ich für diese Bemerkung nicht aus diesem schönen Forum geworfen)

Zur Antwort Wappenkundler:
Sie hatten den richtigen Weg zur Lösung des Rätsels ja bereits eingeschlagen, indem Sie auf die Anrede "königliche Hoheit" verwiesen haben. Ich bin aber noch nicht willens, dem guten alten Carl August die Benutzung eines falschen Titels zu unterstellen, während er "nur" Herzog war. In mehreren Quellen las ich bereits davon, dass es früher wohl üblich war, auch Herzöge mit "königlicher Hoheit" anzureden. Dann wäre die Benutzung der Königskrone auch vor 1815 korrekt.

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 13.06.2013, 19:30

Ein Herzog wurde als "Herzogliche Durchlaucht, gnädiger Fürst und Herr" angesprochen.

Ein Großherzog, bzw. Erbgroßherzog wurde als "Allerdurchlauchtigster Großherzog, ehrwürdige königliche Hoheit" angesprochen
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SR-7v
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Beitrag von SR-7v » 13.06.2013, 20:10

Wenn man einen Blick in die maßgeblichen Diplome wirft, so stellt man fest, daß das Anredeprädikat "Königliche Hoheit" oder auch bloß "Hoheit" für Mitglieder herzoglicher Familien keineswegs eine Selbstverständlichkeit war, sondern einer expliziten kaiserlichen Bewilligung bedurfte.

So erhielt etwa ddo. Wien 20. März 1698 der Herzog von Savoyen die Titulatur "Königliche Hoheit".

Im hier gegenständlichen Fall sind Wilhelm Ernst von Sachsen, Herzog zu Sachsen-Weimar, Eisenach, Jülich, Cleve, Berg, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, und seine Brüder Johann Ernst und Ernst August, sowie ihr Vetter Johann Wilhelm, ddo. Wien 5. Feber 1713 mit der Bewilligung des Anredeprädikats "Durchlaucht" (ad personam und in der Primogenitur) begnadet worden.

Ein allfälliges späteres kaiserliches Diplom, welches eine "höhere" Anrede festgelegt hätte, ist in der einschlägigen Lit. nicht verzeichnet; man wird bis auf weiteres also sehr wohl davon ausgehen müssen, daß die Familie Sachsen-Weimar-Eisenach die erwähnte "höhere" Titulatur usurpiert hat.

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Simplicius
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Beitrag von Simplicius » 13.06.2013, 21:17

hage09 hat geschrieben:Zur Antwort v. Roy:

vielen Dank für Ihren Beitrag, dem ich bis auf einen Punkt zustimme. Ich denke nicht, dass es gerade in der historischen Heraldik in dem von Ihnen angedeuteten Ausmaß zu Ungenauigkeiten kam. In Zeiten, wo es dafür eigene Ämter und genaue Regeln gab, [...]
Eben nicht!

Hallo, Hage09, -J.v.Roy trifft es schon sehr gut, denke ich. Es ist vorwiegend die Art und Weise daran schuld, wie heute im Netz die Themen Heraldik, wie Geschichte überhaupt, verhandelt werden, dass der Eindruck entsteht, dem auch Sie unterliegen. Ihrer Beobachtung bezüglich der Kronen werden wohl vorwiegend ganz einfache Sachverhalte zugrunde liegen, nämlich etwas Ungenauigkeit durch diverse Handwerker. (Einband) Man könnte auch sagen, es wurde etwas weniger Pedanterie, und etwas mehr Augenmerk auf künstlerische Belange, was die Gestaltung an sich angeht, an den Tag gelegt. Ob ein Kronenfutter halbhoch erscheint, oder ganz fehlt, war auf so einem Band vermutlich unerheblicher als an anderer Stelle. Ein Fürstenwappen, bzw. Monogramm wurde nicht zuletzt am ganzen Kontext seiner Erscheinung erkannt, und wohl nicht in erster Linie nach der Höhe des Kronenfutters beurteilt. Ich denke, man muss das alles etwas gelassener sehen.
hage09 hat geschrieben:Zur Antwort Wappenkundler:
Sie hatten den richtigen Weg zur Lösung des Rätsels ja bereits eingeschlagen, indem Sie auf die Anrede "königliche Hoheit" verwiesen haben.
Wappenkundler hat geschrieben:P.S. Aber die Sache mit der Königskrone wurde offenbar nicht so eng gesehen.
Wenn ich ehrlich bin leuchtet es mir ohnehin nicht ein, dass man einmal in Großherzogskronen und Königskronen unterschied, die Wappen der Großherzöge aber, weil letztere mit Königliche Hoheit angeredet wurden, Königskronen statt Großherzogskronen tragen sollten. Die Frage drängt sich ja auf, wer dann Großherzogskronen letztendlich auf sein Wappen setzte. (?)
SR-7v hat geschrieben:Wenn man einen Blick in die maßgeblichen Diplome wirft, so stellt man fest, daß das Anredeprädikat "Königliche Hoheit" oder auch bloß "Hoheit" für Mitglieder herzoglicher Familien keineswegs eine Selbstverständlichkeit war, sondern einer expliziten kaiserlichen Bewilligung bedurfte. […]

Wien 5. Feber 1713 mit der Bewilligung des Anredeprädikats "Durchlaucht" […]

Ein allfälliges späteres kaiserliches Diplom, welches eine "höhere" Anrede festgelegt hätte, ist in der einschlägigen Lit. nicht verzeichnet; man wird bis auf weiteres also sehr wohl davon ausgehen müssen, daß die Familie Sachsen-Weimar-Eisenach die erwähnte "höhere" Titulatur usurpiert hat. […]
Es kann also vorerst kein Bezug zwischen Anrede und Krone hergestellt werden, wenn ich das richtig lese. (?) Woraus ergibt sich denn überhaupt die Gewissheit, wie Sie Wappenkundler eingangs äußert, dass Kronen auf Anreden Rücksicht nehmen würden?

Wenn man etwa Zufälligkeit ausschließen möchte, bzw. Nachlässigkeit oder gestalterische Freiheit, müsste man wohl viel mehr Abbildungen zu einer Person vergleichen, als lediglich die Monogramme auf Bucheinbänden, das wäre mein Tip. Oder ist das bereits geschehen? Was dabei herausgekommen ist, würde mich einmal interessieren, weil ich mich, ehrlich gesagt, noch nicht so eingehend damit beschäftigt habe.

Viel Grüße

hage09
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Beitrag von hage09 » 14.06.2013, 11:21

Hallo

es freut mich sehr, hier eine mittlerweile recht lebendige Diskussion ausgelöst zu haben.
Sr-7v liefert mit dem Quellenbeleg zur Anredeform schon mal ein ganz gewichtiges Argument. Vielen Dan dafür!
Simplicius Sachverstand bezüglich der Bewertung der Genauigkeit historischer Heraldik will ich mich gerne beugen, muß aber die Handwerker in Schutz nehmen. Zunächst hatte ich auch vermutet, das die kleinen stark vereinfachten Buchbinderstempel die Fehlerquelle sind, aber bei genauem hinsehen, mußte ich feststellen, dass hier zumindest in den Fällen mit denen ich mich gerade beschäftige überraschend genau gearbeitet wurde. Ein Beispiel sehen sie hier:
http://gaab-weimar.de/supralibros.html
Bei dem Fürstenhut ist die Fütterung durch die schraffierten Kreise in den Bügeln durchaus erkennbar.
Und ich habe natürlich schon Vergleiche mit anderen Wappen der Ernestiner angestellt. Sie zeigen mal eine Königskrone
und dann wieder eine halb gefüllte Großherzogkrone.
Das Problem können Sie sich unter dieser Adresse mal in Gänze ansehen:
http://www.hot.ee/wappenrolle/
Alle Großherzogtümer tragen Kronen in den Wappen und ganz normale Fürstentümer die halb gefütterte Großherzogkrone.
Scheint also, wie die Diskussionsbeiträge sowie meine Recherche in anderen Quellen zeigen, ein nich so einfach zu klärendes Thema zu sein.
Viele Grüße
Hage09

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 14.06.2013, 12:25

Die Herzogskrone gleicht ja der Königskrone vom Aufbau her. Allerdings hat die Königskrone kein Futter zwischen den Bügeln.

Deshalb konnte es m. E. schon zu Verwechslungen kommen.

P.S. Die regierenden Fürstenhäuser haben zwecks Unterscheidung zu den nicht-souveränen Fürsten die fünfhügelige, ganz gefütterte Krone (eigentlich Herzogskrone) angenommen. (Wappenfibel, S. 89).
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