Wappen von Gießen a.d. Lahn

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P. C. Schroeder
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Wappen von Gießen a.d. Lahn

Beitrag von P. C. Schroeder » 02.07.2011, 16:54

Ich bin auf der Suche nach historischen Wappen der Stadt Gießen a.d. Lahn. Das jetzige ist bekannt; es wurde 1916 von Großherzog Ernst Ludwig verliehen. Im 19. Jhdt. gab es wohl auch andere Wappen; geflügelte Löwen mit gotischem G. Hat irgendjemand zufälligerweise eine Abbildung dieses Wappens oder überhaupt eine Übersicht über bisherige Gießener Wappen?
P. C. Schroeder
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laneryd
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Beitrag von laneryd » 02.07.2011, 23:11

Hallo Herr Schroeder,
Giessen: geflügelte Löwen mit gotischem G. befindet sich in NEUBECKER/RENZMANN, Seite 194: Wappenbilderlexikon, 1974, Battenberg Verlag, München.
Herzliche Grüsse, Torsten Laneryd.

Irmgard
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Beitrag von Irmgard » 03.07.2011, 14:08

bestimmt ist diese Seite bekannt?!
http://www.giessen.de/index.phtml?La=1& ... uo=1&sub=0

und diese Abb. des Siegels von 1607 der Uni finde ich geradezu humorvoll, zeigt es doch eher einen Drachen, denn einen Löwen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Univ ... edizin.png

und die Google- Suchfunktion Bilder haben Sie bestimmt auch schon genutzt, um sich die angesprochenen Siegel anzeigenzulassen..

dann kann ich nur noch den Link zum Stadtarchiv setzen: http://stadtarchiv-giessen.tagebergen.de/bestaende/

aber das kennen Sie natürlich auch schon ..

:-) schönen Sonntag!

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P. C. Schroeder
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Beitrag von P. C. Schroeder » 24.07.2011, 10:08

Lieber laneryd, vielen Dank für Ihre Antwort.

Auch Ihnen, liebe Irmgard, vielen Dank für Ihre Antwort. Sie hat mir entscheidend weitergeholfen, aber bestimmt wissen Sie das schon ... :P
P. C. Schroeder
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(Mark Twain)

Frank Martinoff

Beitrag von Frank Martinoff » 24.07.2011, 11:02

Irmgard hat geschrieben:
und diese Abb. des Siegels von 1607 der Uni finde ich geradezu humorvoll, zeigt es doch eher einen Drachen, denn einen Löwen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Univ ... edizin.png

und die Google- Suchfunktion Bilder haben Sie bestimmt auch schon genutzt, um sich die angesprochenen Siegel anzeigenzulassen..

:-) schönen Sonntag!
Ich glaube mal dass mein erster Gedanke (gerupftes HUHN) falsch ist,
und sehe einen GREIF!.................................................................
.........................LEIDER ist das kein Einzelfall, es passierte des oefteren, dass die Herren ihre eigenen Tierchen missinterpretierten!!!!
Apropos Google, ...ich dachte fuer Jahre dass Leute zu faul
(das andere moechte ich jetzt nicht vermuten)
zum googlen sind, aber so mancher """Deutsche""" oder auch auslaendische Anbieter, zensiert/selektiert die Bilder :!:

hospes
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Beitrag von hospes » 24.07.2011, 12:22

Hallo,
die Angaben auf der Giessener Stadtseite: http://www.giessen.de/index.phtml?La=1& ... uo=1&sub=0
... dürften vermutlich ein gekürzte Wiedergabe aus dem "Hessisches Wappenbuch" sein (Seite 95 und 96)!?
"Hessisches Wappenbuch" (Hessisches Ortswappenbuch Doppel-Band 1 & 2) von Pfarrer Hermann Knodt, Starke Verlag, Glücksburg, 1959.
:wink: Gruss Hospes


Anbei mal der komplette Text (teilweise mit Quellenangaben):

289. Gießen, Kreisstadt des Kr. Gießen
Ehemaliger Regierungssitz der hessen-darmstädtischen
Provinz Oberhessen, 1607-1945 hessen-darmstädtische
Landesuniversität.

Wappen: In S. ein bl.=bewehrter schw.=geflügelter r.
Löwe.
Das älteste, von den Gießener Burgmannen und Bürgern
gemeinsam gebrauchte Sg. mit der Umschr.: WILLEM=
MUS DEI GRACIA PALATINVS COM(ES) IN TVI(N)=
GI(N) ist ein Reitersg., welches den damaligen Stadt=
herrn, Pfalzgraf Wilhelm von Tübingen, zeigt. Er trägt
eine Fahne und seinen Wp.=Schild mit der dreilätzigen
Kirchenfahne; unter dem Pferde eine Lilie (Abdr. seit
1248-1265, Abb. bei G. Freiherr Schenk zu Schweinsberg,
Alt=Gießen in AHG NF 5, Tf. nach S. 225 und bei Kauf=
mann). Dieses Sg. ist ein prägnantes Beispiel für den auch
sonst in Hessen zu beobachtenden Vorgang, daß Stadtsg.
den Sgn. der Stadt= und Landesherren nachgeschnitten
werden (vgl. Marburg, Grünberg, Alsfeld, Hanau u. a.);
denn es ist dem 1244 belegten Sg. des Grafen Wilhelm
von Tübingen nicht nur im Bilde, sondern sogar in der
Umschr. nachgebildet. Das ihm folgende, ebenfalls von
den Burgmannen mitgebrauchte SIGILLVM CIVITATIS
DE GIEZEN ist wiederum ein Reitersg., welches den hess.
Landgrafen mit Fahne und Löwenschild zeigt (Abdr. von
1264-1331, Abb. bei Schenk zu Schweinsberg, S. 222).
Das dritte nochmals für Burgmannen und Bürger gemein=
same S(IGILLVM) CASTRENSIVM ET OPIDANORVM
IN GYZYN zeigt den hess. gekrönten Löwenschild von
drei kleinen Drachen umgeben (Abdr. von 1312-56). Ein
viertes kleineres S(IGILLVM) OPIDANORVM GIZIN
bringt denselben Löwenschild, doch sind die den Schild
des dritten Sgs. umgebenden Drachen jetzt zu Zweigen
umgedeutet (Abdr. von 1371-1474 StA. Marburg). - In
das ausgehende 15. Jh. fällt eine entscheidende Umgestal=
tung des städtischen Sgbs., das von jetzt an den landes=
herrlichen Löwen mit dem städtischen Gemerke (wie es
in verwandter Form auch in Marburg und Frankenberg
nachweisbar ist) in der Weise zu einem neuen Bilde ver=
einigt, daß das S(IGILLVM) MAIUS OPIDANORV(M)
IN GIESSEN nunmehr den rechtshin aus einem geflügel=
ten kleinen gotischen g (dessen Flügel auf die Drachen
des 3. Sgs. zurückgehen dürften) schreitenden Löwen unter
einer dreispitzigen Krone zeigt (Abdr. von 1498-1688,
Abb. bei Schenk zu Schweinsberg, S. 246) . Ihm folgt ein
umschriftloser Nachschnitt (Abdr. von 1572-1650) und
diesem ein von 1691-1774 belegtes SIG(ILLVM) OPPI=
DANORVM GIESSENSIVM, das in einem Kranze unter
einer fünfzackigen Krone ein großes lateinisches G hat
und darin den nach rechts schreitenden Löwen. Dasselbe
Bild bringt das SIG(ILLVM) OPPIDANORVM GIESSEN
(SIVM) 1789, jedoch unter einer Bügelkrone mit Futter.
Demgegenüber zeigt ein achteckiges Petschaft von Bür=
germeister und Rat mit der Umschr. GIESEN nur wieder
einen Löwen über einer dreispitzigen Krone (Abdr. von
1679-1713). Auch ein Ringsiegel des Stadtsyndikus und
Landtagsdeputierten mit der Umschr.: GIESSEN hat nur
einen liegenden gekrönten Löwen (Abdr. von 1764. Beschr.
und Abb. aller bisher genannten Sg. in den Kunstdenk=
mälern des Kr. Gießen, Bd. I). Sie alle zeigen also ebenso
vorherrschende landesherrliche Einflüsse wie das SIGIL=
LVM PRAEFECTVRAE GIESSENSIS (Abdr. von 1801),
das im geteilten Feld oben den hess. Löwen mit einem
Schwert in der rechten und einer Waage in der linken
Pranke darstellt und unten zwei rechts und links aus
Wolken ragende, verschlungene Hände über der Inschr.
STA PROMISSIS hat. Mit dem folgenden Sg. der
GROSSH. BÜRGERMEISTEREI GIESSEN aus dem frü=
hen 19. Jh. kehrte die Stadt wieder zu dem das G durch=
schreitenden Löwen zurück. Dieses Wp. bringen auch die
alten Stadtansichten von Dilich, von Merian und einem
unbekannten Zeichner von 1612 (vgl. AHG NF 5, S. 253)
und ebenso die alten Wp.=Bücher von Siebrnacher, Wessei
und die farbige Darstellung bei Barkhuis in thematischer
übereinstimmung mit einer Wetterfahne der Stadtkirche
(zuletzt im Heimatmuseum), auf der der Löwe das G in
den Pranken hält (Abb. in den Kunstdenkmälern, Bd. 1).
Diese heraldisch einwandfreie Verbindung des städtischen
Gemerkes mit dem landesherrlichen Wp.=Tier zu einem
eigenständigen und charakteristischen Stadtwp. fiel 1916
einer Wp.•Verbesserung zum Opfer, deren schwungvolle
Begründung ganz schlicht auf der völligen Unkenntnis des
Wesens der Gemerke beruht (wie man bei V. Würth,
Neuere hess. Städtewp. in AHG NF 12, 1919, S. 424 ff.,
nachlesen kann). So wurde 1916 ein durch drei Jh. hin=
durch bestens beglaubigtes Stadtwp. geopfert und statt=
dessen das Wp. in der obigen Form amtlich verliehen
(farbige Abb. im Deutschen Herold 47, 1916, Wp.=Tafel) .

299. Gießen, Kreis
Wappen: Von S. und BI. geteilter Schild, oben ein r.
Balken=Fachwerk=Dreieck, unten ein s. Antoniter=
kreuz.
Dieses 1952 neu verliehene Wp. stellt sowohl inhaltlich
wie formal eine wenig befriedigende Lösung dar. Seine
rein geometrische Formgebung wirkt trocken und phanta=
sielos, und inhaltlich ist das Balkendreieck, das ein Sinn=
bild der kommunalen Selbstverwaltung und das Zeichen
der Organisation des Kreises sein soll (I), ein vollständig
mißglückter Symbolisierungsversuch, dessen Enträtselung
aus dem obigen Bild wohl keiner menschlichen Seele mög=
lich ist. Dagegen ist die Aufnahme des Antoniterkreuzes
zu begrüßen, da hierdurch die Tradition des Gießener
Universitätswps. weitergeführt wird, das ein bl. Anto=
niuskreuz in S. zeigte.

AHG=Archiv für Hess. Geschichte

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