Knochen im Flügel - Bedeutung?

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C.F. v. Restorff

Beitrag von C.F. v. Restorff » 03.05.2005, 16:55

Sehr geschmackvoll das Wappen "Prahl" mit dem Wurm durch die Augenhöhlen... :shock:Aber auch der aus Augenhöhlen und Nasenöffnung wachsende Weizen im Wappen "Schultz" hat was... Vorfahren ehemals Hersteller für landwirtschaftliche Düngemittel...? :?

Wolfgang

die Vergangenheit schaut uns an

Beitrag von Wolfgang » 03.05.2005, 17:20

@ Hr. BilletSehr Interessant, diese Sammlung! Danke an Sie.Etwas zu perfekt scheint aus heutiger Sicht die Forderung nach einem sprechenden Wappen für den Nachnamen Tod umgesetzt. Gehört diese Sammlung zu einer thematischen Aufarbeitung von Wappenmotiven oder ist es eine Grusel- und Skurrilitätenzusammenstellung?Wie schwer ist es aus Ihrer Sicht, diese Motive durch die Augen unserer Zeitgenossenschaft anzuschauen & zu berurteilen? Sind wir zu befangen? haben sich Vorstellungen von Schön sehr stark geändert? Wie wichtig war es im Mittelalter, ein 'schönes' Wappen zu besitzen? Daß jemand gerne einen Löwen im Wappen hat, ist sehr einsichtig, auch wird der Löwe in seiner Symbolik für Mut und Kampfkraft wahrscheinlich über Jahrtausende hinweg ziemlich ähnlich einzuschätzen sein. Warum haben dann nicht alle Wappen 'edle' Motive? Abseits von Spässen, wie "McChicken" würde ich vermuten, daß ein Scharfrichter eher seinen Beruf versucht, zu verstecken und/oder zu beschönigen um in die Nähe der geachteten Berufe/Stände zu rücken.Auf jeden Fall ist diese Zusammenstellung sehr spannend und wenn sie tatsächlich historisch "wahr" sein sollte, so könnte die Betrachtung solcher Wappen auch im Hinblick auf neu zu gestaltende hilf- und lehrreich sein, wenn es dazu führt, eine zu große Glattheit, Gefälligkeit und (ich bitte mir nicht böse zu sein, aber ich denke es ist tatsächlich so) auch Verhaftung in unserer mordernen Zeit zu finden. Die Computerprogramme für Grafik und das perfekte Rendering bringen auch einen sehr zeitverhafteten Stil - vielleicht über die Hintertür, aber sie sind wirksam.

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Claus J.Billet
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hm...

Beitrag von Claus J.Billet » 03.05.2005, 18:09

@ Wolfgangdie Betrachtungsweise, die Sie hier anstellen, die hat was ! :lol:Wir dürfen eben nicht vergessen, daß unsere Vorfahren ein noch anderes und auch natürlicheres Lebensgefühl und Umgang mit dem Tod hatten.Der Tod als solcher war oft täglicher Umgang. Seuchen und Kriege beherrschten das Land. Von durchschnittlich 12 Kindern einer Familie starben weit über die Hälfte an Krankheiten, Unfällen, Siechtum oder Auszehrung. Ein Menschenleben währte ca. 35 bis 40 Jahr..tendenz steigend. Dieses Elend kennen wir heute nicht mehr und ist auch für viele nicht mehr vorstellbar.Und eben dieser tägliche Umgang mit dem Tod und allem was damit verbunden ist ließ die Menschen ein anderes Bild empfinden. Selbst im Süden , Oberbayern oder Südtirol gibt es heute noch die "Martel", Totenbretter ihres Ursprungs nach. Je weiter wir ins Landesinnere kommen um so mehr ist der Tod und der Umgang damit als solches nichts ungewöhnliches.Nur in der sogenannten modernen Welt, der Großstadt, wird der Tote scheu und still abgeholt. Die nicht direkt betroffenen Mitbürger schauen auf die Seite, ihnen ist "sowas" unangenehm...und vergessen, daß auch ihre Stunde einst kommt ! :lol:Aus all diesen Lebenserfahrungen unserer Vorfahren heraus, sind Wappenbilder wie die eingeposteten, nichts ungwöhnliches in ihrer Zeit ! :lol:

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Claus J.Billet
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schmunzel...

Beitrag von Claus J.Billet » 03.05.2005, 19:04

@ C.F. v. Restorff :lol:Zitat:Sehr geschmackvoll das Wappen "Prahl" mit dem Wurm durch die Augenhöhlen...Aber auch der aus Augenhöhlen und Nasenöffnung wachsende Weizen im Wappen "Schultz" hat was... :lol:Hier könnte ich mir durchaus, im Zusammenhang mit meinen vorherigen Anmerkungen, vorstellen, daß der Wappenstifter sowas wie:"Aus dem Tod ensteht neues Leben "ausdrücken wollte ? :lol: :lol:

C.F. v. Restorff

Beitrag von C.F. v. Restorff » 03.05.2005, 22:00

Natürlich, das liegt ja auch auf einer Linie mit der von mir angebotenen Deutung des urspr. Wappens "Knochen im Flügel" als Überwindung des Todes in der Auferstehung... :wink:War nur "entsetzt" über diese FSK18-Darstellungen à la "Zombie III - Die Rückkehr"... :lol: :lol: :lol:

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Beitrag von Markus » 04.05.2005, 07:52

Vielleicht spielt in der Wahl der Symbole auch die Zeit des Pietismus ab etwa 1650 eine Rolle, in der eine gewisse Todessehnsucht allgegenwärtig war. Man vergleiche hierzu die ungezählten Choralstrophen, die dies zum Ausdruck bringen.
Heraldische Grüße
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Beitrag von M. Waas » 04.05.2005, 08:15

markus theising hat geschrieben:Vielleicht spielt in der Wahl der Symbole auch die Zeit des Pietismus ab etwa 1650 eine Rolle, in der eine gewisse Todessehnsucht allgegenwärtig war. Man vergleiche hierzu die ungezählten Choralstrophen, die dies zum Ausdruck bringen.
Das dürfte wohl die Hauptursache gewesen sein. Man findet diese Symbolik sehr häufig in Pfarrer - und Pastorenwappen aus dieser Zeit.Totenköpfe statt eines Helms usw.!
Zuletzt geändert von M. Waas am 04.05.2005, 10:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Jörg Berndt of Kerry » 04.05.2005, 08:47

Das ist auch die Zeit erster öffentlichen Leichenschauen (Sezierungen). 8) Die Zeit der Aufklärung. Man wollte alles genau wissen, ähnlich dem Dr. Faust. Es gibt dazu auch einige Gemälte berühmter Maler.
jörg, mit freundlichem gruß aus sachsen

Wolfgang

Wappen war vor Pietismus

Beitrag von Wolfgang » 04.05.2005, 09:10

markus theising hat geschrieben:Vielleicht spielt in der Wahl der Symbole auch die Zeit des Pietismus ab etwa 1650 eine Rolle, in der eine gewisse Todessehnsucht allgegenwärtig war. Man vergleiche hierzu die ungezählten Choralstrophen, die dies zum Ausdruck bringen.
Da dasWappen bereits vom Abt des Klosters Schöntal geführt wurde (Betrag von Hr. Billet am 1.5., 17:36) und zwar im Jahr 1318, könnte die pietistische Sichtweise nicht zutreffend sein - oder?

Gast

Beitrag von Gast » 04.05.2005, 09:34

Ich bezog mich auf die von Kollegen Billet eingestellten Wappen. Natürlich gab es auch schon früher Darstellungen von Knochen, wie Ihr Beispiel ja zeigt, der Höhepunkt wird aber, wie gesagt im Pietismus zu finden sein.

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Beitrag von Markus » 04.05.2005, 09:35

Obiger Beitrag ist von mir, ich hab irgendwie Probleme mit dem Einloggen, sorry.
Heraldische Grüße
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Beitrag von Jörg Berndt of Kerry » 04.05.2005, 09:48

@Wolfgang,eigentlich schon. Zur Zeit der Klostermedizin wurde das nur im geheimen und verborgenen praktiziert. Mit der Inquisition war da nicht zu spassen.Erst nach der Reformation konnte man dies auch öffentlich tun.
jörg, mit freundlichem gruß aus sachsen

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Beitrag von Markus » 04.05.2005, 10:52

Hä??? Inquisition?? Ich kann jetzt gerade nicht ganz folgen!
Heraldische Grüße
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Beitrag von M. Waas » 04.05.2005, 10:56

Der Thread ist ja auch schon ziemlich weit OT (off topic)! 8)

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Claus J.Billet
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Beitrag von Claus J.Billet » 04.05.2005, 11:08

@ Werter hochgeschätzer Kollege Theising :lol:Wenn ich hier mal dem Herrn Jörg Berndt of Kerryin die Seite treten darf... ich meine natürlich hilfreich ! :lol:Es war gemeint, daß zur Zeit der Inqusition jeglicher Umgang mit der Heilkunde ein äusserst gefährliches Unterfangen war.Selbst die Brüder...die im Kloster meine ich ! waren nicht immer sicher vor den Schergen des Inqusitors !Gar manches "Brüderlein" verschwand auf merkwürdige Weise hinter den dicken Mauern...nur weil er sich erdreistet hatte mit allerlei Kräutlein zu hantieren ! :cry:...aber wir schweifen ab vom eigentlichen Thema ! :roll:

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