Abkürzung gesucht

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georg

Abkürzung gesucht

Beitrag von georg » 24.08.2010, 22:04

Ich möchte gern die Echtheit unseres Familienwappens prüfen und etwas mehr über Hintergründe und eventuell zeitliche Zusammenhänge herausfinden. Das Wappen wurde in den letzten Generationen kaum verwendet und ich bin mir nicht sicher ob es authentisch ist.
Jetzt ist aber bei der Sichtung von alten Papieren eine Beschreibung des Wappens aufgetaucht, die eventuell Hinweise auf eine Wappenrolle oder ein Wappenbuch geben könnte.

Der Verweis lautet: " Seite 763. M.W.S. Tom II "

Kann eventuell jemand mit diesen Abkürzungen etwas anfangen oder einen Hinweis geben, in welche Richtung man weiter recherchieren kann? Die Familie hat ihre Wurzeln eventuell in der Steiermark ist aber schon seit Generationen in Sachsen angesiedelt (falls das im Bezug auf lokale Wappenbücher eine Rolle spielen sollte)

Viele Grüße und Danke, Georg

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Claus J.Billet
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Beitrag von Claus J.Billet » 24.08.2010, 23:15

@ georg

Hier stellt sich als erstes die Frage:
Führt Ihre wappenführende Familie evtl. einen Namen :?: :lol:

georg

Beitrag von georg » 25.08.2010, 21:41

Ohh Entschuldigung - das hatte ich ganz vergessen. Der Name lautet "Lehmann" - also ganz profan und kein Adel :)
Deshalb auch meine Zweifel und Bauchschmerzen mit dem Wappen.

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Claus J.Billet
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Beitrag von Claus J.Billet » 25.08.2010, 22:30

@ georg

Zur Schreibweise "Lehmann" lassen sich ca. 85 Wappen
in verschiedenen Sammlungen finden. :!:

Es wäre durchaus nützlich wenn Sie uns das fragliche Wappen ,
zur weiteren Klärung, hier zeigen könnten :?:

georg

Beitrag von georg » 26.08.2010, 08:00

Ich habe ein Bild des Wappens und die Beschreibung gescannt. Das hier gezeigte Wappen ist ein Bild, welches ich als Jugendlicher einmal von einer Vorlage kopiert habe - deshalb sieht es so laienhaft aus. Aber es ist das Einzige, was mir auf der Schnelle vorliegt. Eventuell reicht es aus?

www.page-five.de/druck/wappen.jpg
www.page-five.de/druck/abschrift.jpg

Danke für Ihre Mühe und Hilfe!

moustache
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Beitrag von moustache » 26.08.2010, 12:25

mal prüfen ob es sich um einen Verweis zum Rietstap, Tome 2 handelt?
have a nice day

gruß moustache

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Claus J.Billet
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Beitrag von Claus J.Billet » 26.08.2010, 16:50

Unter den in der Sammlung "Armorial Général" verzeichneten Wappen "Lehmann"
ist keines das dem oben gezeigten Wappen gleicht :!:

moustache
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Beitrag von moustache » 26.08.2010, 17:36

Nu denn...dann wars die falsche Fährte... :oops:
have a nice day

gruß moustache

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Beitrag von G.Metter » 26.08.2010, 19:01

Im Landesarchiv Steiermark gibt es noch zwei sehr umfangreiche Wappenbücher die nirgends Online od als Kopie einzusehen sind, man bekommt zu diesen auch nur schwer zugang.
Wenn sie nichts finden, könnte ich einmal Persönliche nachschau halten. Da ich ja Grazer bin und mich die Leute dort schon kennen würde dies sicher gehen, geben sie mir einfach Bescheid.

mfg
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Beitrag von Simplicius » 26.08.2010, 20:56

@Georg, hallo, hatten Sie den Text eigentlich komplett durchgearbeitet?
Ich bin zwar kein Kurrentschriftprofi, habe aber einmal versucht den Inhalt zu erfassen, was annähernd gut funktionierte, denke ich:
  • Abschrift

    Geschlecht Lehmann,
    Steyermärker Name,
    Edenburger Kreis.

    Das Wappenbild ist von Gold, die Hälfte zur rechten gelb, die
    linke matt, welches zwei silberne Schaufeln und ein Dreieck in
    [...]in sich faßt, der adelige Helm ist mit der goldnen Krone und
    einem umgestü[r]zten [Hane?], auf welchen sich 6 Federn befinden,
    verziert, die ersten und untersten zwei sind silbern, die mittelsten
    schwarz, die Helmdecken schwarz und kaiserblau. Das Geschlecht
    kommt aus Helvetien und ist später von Kaiser Philipp in
    den Adelsstand erhoben worden, noch befindet sich das Fa-
    milienwappen in dem Dome zu Edenburg über der daselbst
    befindlichen Familiengruft. Seite 763. M.W.S. Tom II
***
Mit "Edenburg", kann nur Ödenburg (Sopron) gemeint sein, welches 1921 an Ungarn gekommen war.
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.o/o255244.htm

Ob es diese Gruft im Dom zu Ödenburg wirklich gegeben hat? Einen Kaiser Philipp hat es jedenfalls nicht gegeben, was den ganzen Bericht fragwürdig macht. Die Beschreibung interpretiere ich so, dass die Feldfarbe eigentlich gold ist, und es eine Spaltung aus rein gestalterischen Zwecken gibt. (matte und glänzende Oberfläche?)

Unrichtige Angaben, so wie die Aussage zu einem Kaiser Philipp, lassen Parallelen zu Beschreibungen erkennen, die angeblich alten Familienwappen einen historischen Bezug verleihen sollten.

***
Ungeachtet des Textes kann man ja einmal versuchen herauszufinden, ob es nicht eine Grundlage für die Abbildung gab. Vielleicht gibt es ja Halbwahrheiten in Bezug auf das schweizer Herkommen?

Ihre Abzeichnung wirkt aber trotzdem sehr gut! :wink:

Grüße

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Beitrag von Jochen » 26.08.2010, 21:29

Die Abzeichnung wirkt sogar großartig.

Leider ist es gerade das, was bei mir das bekannte "mulmige Gefühl" hervorruft.

Die teilkreisförmige Umrahmung des Wappens mit dem Schriftzug "Wappen des Geschlechts XY...." sowie der Zeichenstil (der, meine Hochachtung, Georg, von Ihnen perfekt kopiert zu sein scheint) kommen mir doch recht bekannt vor.

Dann die - wie Hergenhan zutreffend aufgedeckt hat - fehlerhafte Herrscherbezeichnung.... Ich hoffe, ich täusche mich, aber ich fürchte (ebenfalls?), wir haben wieder ein Machwerk eines der "üblichen Verdächtigen" vor uns.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Claus J.Billet
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Beitrag von Claus J.Billet » 26.08.2010, 21:32

hm...

Kaiser Philipp :?:
Silberne Schaufeln auf Gold :?:
Helmdecken schwarz und blau :?:
die wenig aussagekräftige Angabe "..Seite 763. M.W.S. Tom II"

Um es kurz zu machen...
:arrow: ein Phantasie-Produkt :!: :evil:

georg

Beitrag von georg » 27.08.2010, 01:00

Danke für all die vielen Antworten und die Mühe zu helfen.
Also war mein Gefühl richtig, daß es sich nicht um ein echtes Wappen handelt. Es hat trotzdem Spaß gemacht zu forschen - auch wenn es sich letztendlich als Luftblase erwiesen hat.

Ich habe mit den Informationen aus der Abschrift auch schon recherchiert um noch ein paar Hinweise zu finden - leider erfolglos.
Betreffend Kaiser Phillip habe ich nur zwei europäische Herrscherhäuser gefunden, auf die das zutreffen könnte: Frankreich und Spanien, aber beides waren Könige und keine Kaiser.

Eine meiner Überlegungen war, ob die Wappenbeschreibung eventuell nicht aus einer Wappenrolle sondern von einem Gegenstand stammt (zb. von besagtem Grab) und so Beschreibungen wie "die Hälfte zur rechten gelb, die linke matt" aus optischen Fehlinterpretationen resultiert (oder ob sich Farben mit der Zeit auch ändern, zB. durch Sonnenbestrahlung oder chemische Prozesse) und so später falsch beschrieben werden.

Wie ich inzwischen gelesen habe ist die Kombination Silber auf Gold in der Heraldik wohl nicht erlaubt und eine der Basic-Regeln. Was mich aber wundert, wenn jemand ein Wappen "erfindet" oder fälscht und den Aufwand betreibt ein Wappen zu gestalten, warum hält er dann nicht die einfachsten Regeln ein? Ich würde als Fälscher versuchen auf keinen Fall solche Fehler zu machen und auch die historischen Zusammenhänge plausibel zu kreieren um schon jeden Verdacht im Ansatz zu ersticken.

Gab es historisch gesehen eine Blütezeit in der Familienwappen gefälscht wurden oder zieht sich das durch alle Epochen? Könnte es sein, daß oben beschriebene Fehler von den Fälschern mit Absicht eingebaut wurden damit Sachkundige die falschen Wappen sofort identifizieren können?

@ G.Metter: Vielen Dank für Ihr Angebot mit dem Archiv - ich würde mich sehr freuen wenn Sie das für mich tun könnten (auch wenn ich inzwischen nicht mehr an ein happy end der Story glaube) - aber just in case... :)

Danke und viele Grüße, Georg

Gast

Re: Abkürzung gesucht

Beitrag von Gast » 27.08.2010, 16:34

Das ist ganz offensichtlich ein Machwerk eines "Wappenbüros", mit den dafür typischen Merkmalen, falscher Kaiser, falsche Orte, falsche Quellen, unheraldische Sprache.
georg hat geschrieben: Jetzt ist aber bei der Sichtung von alten Papieren eine Beschreibung des Wappens aufgetaucht, die eventuell Hinweise auf eine Wappenrolle oder ein Wappenbuch geben könnte.
Der Verweis lautet: " Seite 763. M.W.S. Tom II "
Da wird immer wieder ,gerne auf die - nicht existierende - "Große Europäische Wappensammlung" o.ä. verwiesen.

In dem einschlägigen Handbuch von J. Arndt, Der Wappenschwindel..., Neustadt/Aisch, 1997, wird ein sehr ähnliches Exemplar von dem Prager Zeichenmeister Franz Kunze + 1853 gezeigt und auf weitere Produkte in der Sammlung des Herold verwiesen.

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