Wappensuche v. Brietzen

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bricene

Wappensuche v. Brietzen

Beitrag von bricene » 26.01.2007, 14:16

Hallo liebe Forengemeinde,

in Vorbereitung der 800 Jahr Feier unserer Kleinstadt in Brandenburg bin ich auf der Suche nach dem Wappen bzw. Siegels des Stadtgründers Burchhard von Brietzen.

Meine Recherchen haben ergeben, dass das Siegel unter einer Urkunde aus dem Jahr 1219 zu sehen ist und im Buch "F.A. Vossberg, Die Siegel der Mark Brandenburg, Lfg. I, 2., 1868" Tabelle. D Nr 2 zu sehen ist. Das Buch liegt mir leider nicht vor.

Hat evtl. jemand weitere Quellen zu "Brietzen"? Das Geschlecht soll aus der Umgegend von Magdeburg entstammen.

Vielen Dank schon einmal!

Viele Grüße

Kai

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A.Jacob
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Beitrag von A.Jacob » 26.01.2007, 16:16

Der Siebmacher Band 16, Seite 111 sagt folgendes:

Dies in der Mark seit dem Anfang des 13. Jahrh. auftretende und Anfang des 14. Jahrh. erloschene Geschlecht stammt aus aus dem Magdeburg’schen. in der Mark Brandenburg hatte es ansehnliche Besitzungen. Das Interessante Siegel Burchards v. Brietzen an einer Urkunde aus dem Jahr 1219 findet sich in Vossbergs Siegel der Mark Brandenburg, Tab. D. Nr. 2 abgebildet.
Schild: Querbalken
Mit freundlichen Grüßen

http://www.wappenkunst.de

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Alex
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Beitrag von Alex » 26.01.2007, 17:39

Guten Tag,

da das besagt Geschlecht schon im 14. Jahrhundert ausgestorben ist, ist anzunehmen, daß es keine genauere Wappenbeschreibung gibt. Der Querbalken ist wohl dem Siegel entnommen.

Bei erwähnter Kleinstadt handelt es sich um einen Ort namens Brietzen? Oder um die Stadt Treuenbrietzen?

Ciao
Alex
Zuletzt geändert von Alex am 26.01.2007, 17:45, insgesamt 1-mal geändert.

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 26.01.2007, 17:42

Hallo Kai,

welche „Kleinstadt in Brandenburg“ meinen Sie eigentlich?? Nach Müllers „Großem Deutschen Ortsbuch“ von 1938 gab es lediglich 1 Landgemeinde namens B r i e t z e n, und die lag in Schlesien. Zwar erwähnt Müllers Ortsbuch in der Provinz Brandenburg 6 Ortschaften und 2 Rittergüter namens B r i e s e n, doch befindet sich unter diesen keine „Stadt“.

Es ist deshalb überhaupt nicht gesagt, daß der 1219 urkundlich genannte Burchard de Brietzen mit I h r e r „Kleinstadt“ in Verbindung steht. Sie müßten schon die umfangreichen Urkundenbücher der Mark Brandenburg (z.B. Riedel's „Codex diplomaticus Brandenburgensis“) durchsehen, um herauszufinden, wer Ihre „Kleinstadt“ überhaupt gegründet hat. Erst wenn Sie dies genau wissen, können Sie sich auf die Suche nach dem Wappen (Siegel) des Städtegründers machen.

Im übrigen kann das Werk von Friedrich August V o s s b e r g, „Die Siegel der Mark Brandenburg nach Urkunden des Königlich Geheimen Staatsarchivs, des Staatsarchivs zu Magdeburg sowie städtischer und anderer Archive“, erschienen (bei J. A. Stargardt) in Berlin 1868, über den Berlin-Brandenburger Bibliotheksverbund ausgeliehen werden.

Freundliche Grüße vom Rhein

bricene

Beitrag von bricene » 26.01.2007, 19:45

Hallo,

ich bedanke mich für die vielen freundlichen Antworten.

Es handlt sich in der Tat um die Stadt Treuenbrietzen, die zunächst nur Brietzen hiess. Den beinahmen "Treu" erhielt sie der Legende nach da sie 1348 und 1349 in der Zeit des Auftretens des Falschen Waldemars den Wittelsbachern treu blieb. Der Name Treuenbrietzen hat sich um das Jahr 1500 herum durchgesetzt.

Das Burchard de Brietzen mit Treuenbrietzen in Verbindung steht und maßgeblich an der Gründung beteiligt war hat bereits P I S C H O N, C. N., in "Urkundliche Geschichte der kurmärkischen Stadt Treuenbrietzen und Umgegend, nach den ungedruckten und gedruckten Quellen beschrieben,
Treuenbrietzen, Hannebohn, 1871." nachgewiesen, daberi beruft er sich auch auf Riedels „Codex diplomaticus Brandenburgensis“, im Anhang der Chronik befindet sich auch eine Auswahl übersetzter Urkunden.
Im übrigen kann das Werk von Friedrich August V o s s b e r g, „Die Siegel der Mark Brandenburg nach Urkunden des Königlich Geheimen Staatsarchivs, des Staatsarchivs zu Magdeburg sowie städtischer und anderer Archive“, erschienen (bei J. A. Stargardt) in Berlin 1868, über den Berlin-Brandenburger Bibliotheksverbund ausgeliehen werden.
Vielen Dank für den vollständigen Titel. Ich werde dann mal versuchen das Werk zu bekommen.

Viele Grüße

Kai

Joachim v. Roy
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T r e u e n b r i e t z e n

Beitrag von Joachim v. Roy » 26.01.2007, 21:40

Hallo Kai,

Dank für den Hinweis auf das Werk von Karl Nathanael Pischon, das ich mir soeben zur Einsichtnahme bestellt habe.

Zu begrüßen ist, daß die Stadt Treuenbrietzen sich von ihrem - wenig heraldischen - 'preußischen' Wappen (= dem fliegenden preußischen Adler über der zweitürmigen Burg) abgewandt und wieder das bereits 1351 urkundlich erwähnte Wappen der Stadt 'Bricen' angenommen hat. Schöner wäre es allerdings, wenn heute der brandenburgische Adler nicht frei im Raum hinge, sondern, wie im Mittelalter üblich, in einem Wappenschild zwischen den beiden Türmen der Burg stünde (vgl. z.B. das Wappen von Lychen - http://de.wikipedia.org/wiki/Lychen ).

Zur Namensform „Treuenbrietzen“ ist bei Johann Heinrich Zedler, Universal-Lexicon, Bd. IV [Bl-Bz], Halle-Leipzig 1 7 3 3, Sp. 1423, zu lesen:

„Britzen, oder Brietzen, Brizen, Briezen, lat. Brecia, eine Chur-Brandenburgische Stadt in der Mittel-Marck, am Fluß Adda zwischen Beltzig und Jüterbock, 4 Meilen von Wittenberg und 8 von Berlin. Sie soll ihren Namen von denen Wendischen Völckern denen Brizanis haben (s. Albin, Meisn. Land-Chron. VII, p.75). Zum Unterscheid des vorigen wird sie Treuen-Britzen genennet, welchen Titel sie 2 mahl erhalten, erstlich da sie an(no) 1310 den vor Rudolfo dem Sachsen Flügtigen Churfürsten Waldemar eingenommen und beschützet hat; das andere mahl aber da sie Ludwigen von Bayern an(no) 1348 wieder den falschen Waldemar treu verblieben ist. ...“

Freundliche Grüße vom Rhein

bricene

Beitrag von bricene » 31.01.2007, 16:00

Hallo Joachim,

mittlerweile liegt mir Friedrich August V o s s b e r g, „Die Siegel der Mark Brandenburg nach Urkunden des Königlich Geheimen Staatsarchivs, des Staatsarchivs zu Magdeburg sowie städtischer und anderer Archive“ vor. Danke für den Tipp zur Ausleihe über den Berlin-Brandenburger Bibliotheksverbund.

Auch Dein Zitat aus dem Universal-Lexicon von Johann Heinrich Z e d l e r ist sehr interessant. Darin wird erwähnt, dass Brietzen an der Adda liegt.

Treuenbrietzen liegt heute an der Nieplitz, entweder der Fluss wurde einst umbenannt oder der Eintrag ist schlichtweg falsch.
P I S C H O N, C. N. erwähnt in "Urkundliche Geschichte der kurmärkischen Stadt Treuenbrietzen und Umgegend, nach den ungedruckten und gedruckten Quellen beschrieben" auch nur den Namen Nieplitz. Ich bin momentan dabei Riedels „Codex diplomaticus Brandenburgensis“ durchzuarbeiten, doch selbst er erwähnt die Adda nicht. Der Fluß heisst dort ebenfalls Nieplitz bzw. er erwähnt das der Wasserlauf auch Forenbach genannt wird, da dort Forellen heimisch waren. Evtl. geben die Urkunden weitere Informationen preis.

Auch auf einer mir vorliegenden Karte aus dem Jahre 1837 ist nur die Nieplitz verzeichnet.

Evtl. bezieht sich Z e d l e r auf die dort erwähnte Quelle:
http://books.google.de/books?vid=ISBN33 ... ada&pgis=1

In einem Pergamentwälzer "Von des heiligen römischen teutschen Reichs zehen Kraißen" hieß es 1660: Brizen ist eine Chur-Brandenburgische Stadt zwischen Beltzig und Jüterbock, an der Ada [..]
Ich habe leider keinerlei Ahnung welches Werk damit gemeint sein könnte.

Könnte evtl. eine Verwechslung mit Wriezen (damals auch Brietzen) an der Oder vorliegen?

Ein Rätsel ist gelöst und es treten immer neue auf.

Viele Grüße

Kai

Joachim v. Roy
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A d d a

Beitrag von Joachim v. Roy » 31.01.2007, 21:09

Hallo Kai,

bei Johann Heinrich Zedler, Universal-Lexicon, Bd. I [A-Am], Halle-Leipzig 1 7 3 2, Sp. 439, heißt es wörtlich: „A d a, oder
A d d a, ein Fluß, an welchen die Stadt und Schloß G ü t e r b o c k, oder Juterbock, vier Meilen von Wittenberg, gebauet ist.“

Nun liegt Jüterbog heute an der „Nuth“ und nicht an der Adda (wie Treuenbrietzen heute an der „Nieplitz“ liegt). Irgend einen Sinn dürfte es aber gehabt haben, daß der Autorenkreis um den Verleger Johann Heinrich Zedler - vor rd. 300 Jahren - sowohl Jüterbog als auch Treuenbrietzen an eine A d d a legten.

Nach Hans Bahlow, Deutschlands geographische Namenwelt, Frankfurt a.M. 1985, S. 1-2, 97-98, leitet sich die Silbe „Ad“ von dem indogermanischen Wort für „Wasser“ her. Bahlow verweist in diesem Zusammenhang auf die Flußnamen A d d a in Italien (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Adda_(Fluss) ), Adosia in Frankreich, Adrana (Adrus) in Spanien etc., auch auf eine zur Nude fließende A d d a in Brandenburg (lt. Bahlow „Nud“ = Sumpf).

A d d a = W a s s e r. Dies erklärt, weshalb sowohl Jüterbog als auch das nahe Treuenbrietzen einst an einer „Adda“ lagen und weshalb es sich bei den heutigen Flußnamen „Nuth“ und „Nieplitz“ (die bei Zedler nicht genannt werden) um relativ moderne Bezeichnungen handelt.

Freundliche Grüße vom Rhein

bricene

Beitrag von bricene » 31.01.2007, 21:19

Hallo Joachim,

vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort.

Wenn ich es also richtig verstehe war der Name Adda also damals mehr oder weniger ein Sammelbegriff für Wasser? Oder war es tatsächlich der Name des Gewässers bevor er Nieplitz genannt wurde?

Es verwirrt mich ein wenig, da Dr. Adolph Friedrich Riedel im mir vorliegenden "Codex diplomaticus Brandenburgensis" aus dem Jahre 1849 von der Nieplitz redet und mit keinem Wort auf einen früheren Namen eingeht.

Vielen Dank nochmals.

Viele Grüße

Kai

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