Wappen nicht nur für Männer??

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steff55

Wappen nicht nur für Männer??

Beitrag von steff55 » 26.12.2006, 00:23

HAbe in einem kaiserlichen Wappenbrief gelesen: Das wappen wird vermacht "seinen eelichen leibserben unnd derselben erbenserben man
unnd frawen personen für unnd für in ewig zeit". Wer darf nun dieses Wappen führen? Männer und Frauen, Träger des Namens oder auch andere direkte Nachfahren?

Wer kennt sich da aus?

Danke udn Gruß

Joachim v. Roy
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Wappenführung

Beitrag von Joachim v. Roy » 26.12.2006, 09:20

Die in diesem Forum wiederholt gestellte Frage ist einfach zu beantworten: das in Rede stehende Wappen können Männer und Frauen (= Ehefrauen und Töchter) führen, solange sie Träger des in dem kaiserlichen Wappenbrief genannten Familiennamens sind.

Freundliche Weihnachtsgrüße vom Rhein

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Jochen
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Re: Wappenführung

Beitrag von Jochen » 26.12.2006, 12:30

Joachim v. Roy hat geschrieben:Die in diesem Forum wiederholt gestellte Frage .....
...ich glaube, mittlerweile 153 mal....

Es scheint illusorisch zu sein, anzunehmen, daß alle Interessenten die Mühe aufwenden, sich in vergangene "Fäden" einzuarbeiten (obwohl die Recherche durch die "Suche"-Funktion eigentlich soooo schwierig auch wieder nicht ist) oder den "Schnelleinstieg" wahrnehmen.

Vielleicht sollten wir daher bestimmte Fragestellungen mal in einen gut sichtbaren Extra-FAQ hineinstellen - ggfs. auch unter Verlenkung mit besonders ausführlichen "Fäden".
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

Bas den Brok
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Beitrag von Bas den Brok » 26.12.2006, 18:46

aber der kaiser sagt in dem brief doch nichts davon, dass die "eelichen leibserben unnd derselben erbenserben man unnd frawen personen für unnd für in ewig zeit" dieselbe NAME führen müssen? ist der kaiser hier versehentlich ein fehler unterlaufen? welcher kaiser war das gewesen?

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 26.12.2006, 19:43

Hallo Bas den Brok,

der kaiserlichen Kanzlei ist k e i n Fehler unterlaufen, da das W a p p e n einer Familie – seit eh und je – an den
N a m e n dieses Geschlechts geknüpft ist.

Freundliche Grüße vom Rhein

si tacuisses, ...

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Tekker
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Beitrag von Tekker » 29.12.2006, 11:37

Joachim v. Roy hat geschrieben:seit eh und je
Na ja, so sollte man es villeicht nicht grad sagen, Wappen sind letztlich älter als FN.
an den
N a m e n dieses Geschlechts geknüpft ist.
Anders ausgedrückt wird eher ein Schuh daraus:
Die Weitergabe von Wappen und FN geschah jener Tage nach den gleichen Prinzipien, weshalb die Erwähnung "dieselbe NAME führen müssen" vernachlässigt werden konnte.
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Joachim v. Roy
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Zum Alter von Familiennamen und Familienwappen

Beitrag von Joachim v. Roy » 29.12.2006, 15:53

Anmerkung

Der Angabe, daß Wappen ä l t e r als Familiennamen sein sollen, vermag ich nicht zu folgen.

Das älteste Wappen, von dem wir Kenntnis haben, ist dasjenige des Grafen Gottfried von Anjou (aus dem Hause Plantagenet) in der Kathedrale von Le Mans (+ 1150). Seither kennen wir s o w o h l Familiennamen a l s a u c h Familienwappen (wobei anfangs weder die Familiennamen noch die Familienwappen festlagen). Ä l t e r als die Familiennamen sind die Wappen nicht, im Gegenteil.

MfG

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Tekker
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Re: Zum Alter von Familiennamen und Familienwappen

Beitrag von Tekker » 29.12.2006, 18:38

Joachim v. Roy hat geschrieben:im Gegenteil
:?: :?: :?:
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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 30.12.2006, 07:53

So generell kann man das nicht sagen.

Von Familiennamen spricht man erst, als Nachnamen erblich wurden. Vorher waren es Zunamen! :wink: Also sind die Wappen älter als die Familiennamen.
Im friesischen/norddeutschen Vatersnamensystem konnten die Wappen keinem eindeutigen Namen zugeordnet werden. Im Umkehrschluß hieße das, die Friesen führten keine Wappen. Im Deutschen Reich wurden erst mit Einführung des BGB Familiennamen zur Pflicht. Bis dahin gab es in einigen Landstrichen und bei einigen Religionsgemeinschaften (z.B. Juden) überhaupt keine Familiennamen.

Die Regel, daß ein Wappen nur im Mannesstamm vererbt wurde und an einen bestimmten Namen gebunden ist, wurde erst viel später ins "Wappenrecht" übernommen.
Bis ins 17. Jahrhundert übernehm man bei Heirat das vermeintlich bessere Wappen (entweder das der Ehefrau oder das des Mannes)! Manchmal wurde dann auch gleich der Zuname gewechselt, aber nicht immer. Es muß unterschieden werden zwischen dem Salischen Recht, das für den höheren Adel galt und dem "normalen" uncodifizierten Recht.

Bas den Brok
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Beitrag von Bas den Brok » 30.12.2006, 09:48

ich nehme an es geht um den von kaiser karl V in 1528 an hainrich oldenkop ausgestellten wappenbrief:

http://www.oldekop.org/hier_kommt_das_wappen.htm

in zeile 4 und 5 steht den satz "seinen eelichen leibserben unnd ..."

wenn ich M. Waas richtig verstanden habe, hätte karl V also nicht wirklich ein problem damit gehabt, wenn auch ein "erbenserbe" in WEIBLICHER linie (und mit einer wesentlich anderen familienname) jetzt dieses wappen führen möchte.
Zuletzt geändert von Bas den Brok am 30.12.2006, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Bas den Brok » 30.12.2006, 12:08

Von Familiennamen spricht man erst, als Nachnamen erblich wurden. Vorher waren es Zunamen! Also sind die Wappen älter als die Familiennamen.
Anglo-normandische Familiennamen wie Bigot, de Clare, de Lacy, de Percy, de Warenne und viele andere kommen doch aber schon im Domesday Book von 1085 vor und damals gab es wahrscheinlich noch keine (heraldische) Wappen.

Es waren dies wohl ERBLICHE Familiennamen und ich glaube nicht, irgendeiner hätte es wagen sollen sich einfach "Bigot", "de Clare" oder "de Lacy" zu nennen -- und dies gross herum posaunen -- ohne wirklich Familie zu sein.

Im "Sancti Thomae Cantuariensis archiepiscopi et martyris vita" von William FitzStephen, geschrieben zwischen 1170 und 1190 ist rede von der "familia illa infamis randolphi de broc" und "robertus de broc ... et ... johannis de broc, nepotis sui", vom "familliam illam de broc", von "ad familiam de broc", "cum illa familia de broc" und "familia de broch cum suis complicibus" ...

Hier ist doch wirklich Rede von einer Familienname "de Broc"?

Also: Familiennamen -- aber nicht ALLE Familiennamen :) -- sind älter als heraldische Wappen!

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Beitrag von Bas den Brok » 30.12.2006, 12:53

Bis ins 17. Jahrhundert übernahm man bei Heirat das vermeintlich bessere Wappen (entweder das der Ehefrau oder das des Mannes)!
Herr Waas, durfte man das einfach so machen, auch wenn zum Beispiel die Ehefrau, deren Wappen der Ehemann gerne führen möchte, noch einen Vater und Brüder hat, die dasselbe Wappen führen?

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Beitrag von Frank J. Reuther » 30.12.2006, 13:39

Es gab diesbezüglich kein kodifiziertes Recht, so dass sich die Frage gar nicht stellt, ob man das durfte oder nicht. Man hat es einfach gemacht. Solange es niemanden gab, der hiergegen Einwände erhoben hat, war das auch problemlos.

Genau so ist es auch heute. Selbstverständlich kann man auch ein Wappen führen, für das keine Führungsberechtigung besteht, auch wenn das rechtswidrig ist. Abgesehen von den Hoheitszeichen des Bundes und der Länder kann der Beeinträchtigte (dessen Wappen usurpiert wurde) nur zivilrechtlich eine Unterlassung gemäß § 12 BGB verlangen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank J. Reuther, MdH
Quia Dominus dat sapientiam et ex ore eius scientia et prudentia. (Prv 2;6)
http://www.frank-reuther.de

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Beitrag von Bas den Brok » 30.12.2006, 16:58

Beim höheren Adel wurde ein Wappen erst übernommen bzw. mit dem eigenen Wappen geteilt, wenn mit der Heirat oder Erbschaft auch die Titel erworben wurden. War das bei den "normalen" Menschen dann NICHT so? Wurde das Wappen der Familie der Ehefrau auch übernommen oder mit das eigene geteilt wenn erst mal NICHTS geerbt wurde und die Familie der Ehefrau in männlicher Linie weiterhin das Wappen führte? Gibt es bekannte Beispiele?

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 02.01.2007, 18:29

Bas den Brok hat geschrieben:Beim höheren Adel wurde ein Wappen erst übernommen bzw. mit dem eigenen Wappen geteilt, wenn mit der Heirat oder Erbschaft auch die Titel erworben wurden. War das bei den "normalen" Menschen dann NICHT so? Wurde das Wappen der Familie der Ehefrau auch übernommen oder mit das eigene geteilt wenn erst mal NICHTS geerbt wurde und die Familie der Ehefrau in männlicher Linie weiterhin das Wappen führte? Gibt es bekannte Beispiele?
Das stimmt auch so nicht. Es gab z.B. Anspruchswappen! Es gab zig hochadelige Familien die z.B. das Wappen des Kgr. Jerusalem führten. SChauen Sie sich nur mal die sächsischen Wappen an. Da sind einige Anspruchswappen verwendet worden. :roll:

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