Verlust eines Lehens ... was passiert mit dem Wappen?

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GMF

Verlust eines Lehens ... was passiert mit dem Wappen?

Beitrag von GMF » 09.12.2006, 04:00

Guten Tag alle miteinander,

ich habe mal wieder eine knifflige Frage das Wappenrecht betreffend.
Das ganze interessiert mich sehr ist aber eigentlich kein akutes Problem!

Wenn eine adlige (z.B. gräfliche Familie) ihr Lehen an den Landesherren (z.B. König) verliert (Schulden, Spiel oder Strafe) welches Wappen wird dann in diesem verlorenen Lehen aktiv wenn dieses Wappen zugleich das Familienwappen der enteigneten Familie ist?

Das Lehen wird nun vom Landesherren eingezogen und weiterhin von einem (in diesem Fall nichterblichen) Vogt verwaltet. Kommt nun das Königliche Wappen zum Einsatz oder wird das ehemalige Grafenwappen mit der Königskrone oder einem anderen Hinweis gekennzeichnet? Oder Schildrand? Oder ...? Also ich habe ehrlich keine Ahnung ...

Wenn die enteignete Familie dann noch ein kleines Lehen in der ehemaligen Grafschaft zu eigen hat und dies auch behalten darf (z.B. Baronie) sähe ich da eine Kollision der Wappen. Ich habe auch ehrlich keine Ahnung ob dies jemals vorkam aber ich finde die Frage sehr interessant und da ihr mir damals schon mit den "feigen" Wappen sehr geholfen habt denke ich habt ihr auch hier den Durchblick!!! Bitte Hilfe :)

Ich hoffe die Frage war nicht zu konfus gestellt!

LG und Danke
Gerd M. Fleps

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GM
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Beitrag von GM » 09.12.2006, 11:45

Ich würde denken, ein Lehen war keine eigene Körperschaft des Rechts sondern ein Rechtsakt, mit dem im Gegenzug zu Dienstleistungen an den Souverän die Nutzung bestimmter Ressourcen erlaubt wurde.
Entsprechend gab es kein "Lehens-Wappen"; Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Lehen wurden mit dem Wappen des jeweiligen Lehnsträgers gesiegelt.

WappenTom

Beitrag von WappenTom » 09.12.2006, 12:14

hallo!

also mit anderen worten:
verschwindet der verwalter, verschwindet auch das wappen.

GMF

Beitrag von GMF » 10.12.2006, 07:16

Hallo zusammen,

danke für eure Antworten aber das Fragezeichen wird doch immer größer denn folgender Absatz aus Ottfried Neubeckers "Heraldik" (S.226, zweite Spalte) gibt mir dahingehend nämlich zu denken.

... So konnte sich eine Dauerhaftigkeit (des Wappens denke ich) entwickeln, die sich sowohl auf leibliche Erben als auch auf Besitznachfolger aus Seitenlinien oder sogar Käufer erstreckte. So wird verständlich, warum bereits in sehr früher Zeit Wappen für Ämter, etwa für Pfalzgrafschaften, entstehen konnten, deren Inhaberschaft nicht von vornherein als eine erblich angelegte anzusehen sein kann ...

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann führte eine obengenannte Pfalzgrafschaft ein eigenes Wappen manchmal unabhängig vom Erben oder Käufer.
Ich versuche das mal durchzuspielen ... wenn ich nun als König eine Pfalzgrafschaft ausgerufen habe hätte ich diese auch gleich mit einem Wappen versehen um MEINEN königlichen Anspruch darauf, für alle gut sichtbar, festzuschreiben. Denn der Pfalzgraf (wie andernorts der Vogt) war ja eigentlich nur der Verwalter meines königlichen Gutes.

Somit würde die Verwalterfamilie unter meinem königlichen Wappen die Geschäfte in meinem Namen verrichten aber untergeordnet auch ihr eigenes Stammwappen, und da vielleicht eine Burg oder ein kleines Gut, besitzen. Dadurch käme das Wappen der Verwalterfamilie eigentlich überhaupt nicht zum tragen ausser man geht eine zeitweilige Kombination aus beiden ein (Quadrierung oder so ähnlich). Liege ich da völlig falsch?

LG und schönen Sonntag noch!
Gerd

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Frank J. Reuther
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Beitrag von Frank J. Reuther » 10.12.2006, 08:38

Das war eben, wie es heute auch noch ist: es gibt Familienwappen für den höchstpersönlichen Gebrauch und Wappen, die im weitesten Sinne Hoheitszeichen sind und einer Institution oder einer Gebietskörperschaft zugeordnet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Frank J. Reuther, MdH
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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 11.12.2006, 08:39

Das ganze feudale System ist daraus entstanden, daß sich das Lehenssystem verselbstständigt hat.
Grafen und andere spätere Territorialherren waren ursprünglich halbfreie Ministralen. Deshalb ist eine Diskussion darüber müßig.
Wenn man daran denkt, daß in alten Staatswappen Wappen von Pfalzgrafschaften auftauchen, die es nie gegeben hat. :wink:

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