Orts-/ Gemeinde- und Stadtwappen

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Heilbronner
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Orts-/ Gemeinde- und Stadtwappen

Beitrag von Heilbronner » 15.08.2006, 13:47

Guten Tag.

Ich habe folgende Frage: Müssen deutsche Ortswappen den heraldischen Regeln entsprechen oder sind Ausnahmen möglich ?
Da heutzutage nur noch selten neue Gemeindezusammenschlüsse entstehen ist dies sicher kein allzu aktuelles Problem mehr. Trotzdem würde es mich interessieren, ob es Beispiele für Ausnahmen gibt.

Wie ist es zu sehen, wenn Gemeinden ihr Wappen "modernisieren"/neu gestalten und dabei gegen heraldische Regeln verstoßen?

(Ich würde gerne mal ein Beispiel-Bild hier einstellen, weiß aber nicht wie sowas geht: bin technisch zu unbedarft.)



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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 15.08.2006, 13:53

Einige Gemeindewappen gehen an den heraldischen Regeln vorbei. Nicht in allen Bundesländern muß ein Heraldiker hinzugezogen werden.

Franz
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Gemeindezusammenschlüsse

Beitrag von Franz » 15.08.2006, 15:51

Also bei uns Ostdeutschland gibt es noch ab und an Gemeindezusammenschlüsse. Erst vor einigen Jahren gingen die Städte Laubusch und Lauta zusammen, was eine Heraldische Diskussion auslöste. Eine Stadt liegt wohl in der Niederlausitz, die andere in der Oberlausitz glaube ich. Jemand schrieb damals in die Zeitung das neue gemeinsame Wappen währe im Bezug auf diesen Sachverhalt falsch. Leider kann ich mich nicht mehr genau an die Zusammenhänge erinnern, zu der Zeit hatte ich noch kein Interesse an Heraldik, bzw. nicht an jener von Stadtwappen.
Aus vielen Gemeinden wurde auch die Gemeinde Elsterheide vor nicht allzu langer Zeit gegründet. Beispiele aus den letzten Jahren gibt es bei uns einige.
Neue Wappen braucht man auch Landkreisänderungen, in Sachsen gibt es demnächst eine diesbezügliche Reform.
Es Grüßt Franz Maria N.

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Beitrag von Markus » 15.08.2006, 18:16

Eigentlich sollten sich auch Gemeindewappen an die heraldischen Regeln halten. Weil aber leider in diesen Fällen häufig Leute mitmischen, die von tuten und blasen keine Ahnung haben, kommen die abenteuerlichsten Creationen dabei heraus. Wir hatten vor längerer Zeit mal das Wappen von Berlin-Lichtenberg zur Diskussion. Welch ein Comic!
Zuletzt geändert von Markus am 17.08.2006, 20:07, insgesamt 1-mal geändert.
Heraldische Grüße
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Egon Ossowski

Beitrag von Egon Ossowski » 15.08.2006, 19:55

In Schleswig-Holstein führen über die Hälfte aller Gemeinden kein Wappen!
Entschließt sich eine Gemeinde jedoch zur Wappenführung, so wird seitens des Landesarchives mit Argusaugen auf die Einhaltung der heraldischen Regeln geachtet. Vorbildlich ist außerdem die Online-Wappenrolle des Landesarchivs, die den Gemeindevertretern auch Hinweise über die Grundlagen der Heraldik gibt. Problem ist, daß es in jedem "Kaff" einen "Dorfchronisten" gibt, der nun zum Heraldiker mutiert. Die meisten Gemeinden schalten aber Gott-sei-Dank von vorneherein einen Heraldiker ein.

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Beitrag von Aldus_Hopp » 15.08.2006, 20:12

Guten Abend,

eingentlich sollten sich die Gemeinden genau so daran halten. Machen sie aber nicht in vielen Fällen.
Einige kombinieren bei Gemeindenzusammenschlüssen wild drauf-los, dabei entsteht selten was sinnvolles.
Der Gang zum Profi scheuen viele, da es Geld kostet und das haben viele Gemeinden nicht übrig.

Hier in Berlin ist es ebenso, das der eingreichte Entwurf durch das Landesarchiv auf seine Korrektheit geprüft wird.

Übrigens, Hr. Theising, ist der Comic-Entwurf vom Tisch und wir haben wieder ein heraldisch korrektes Wappen.
Mit freundlichem Gruß
Aldus Hopp

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Heilbronner
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Re: Orts-/ Gemeinde- und Stadtwappen

Beitrag von Heilbronner » 16.08.2006, 09:08

Vielen Dank für die Antworten !

Nun noch mal zu meiner zweiten Frage:
Heilbronner hat geschrieben:
Wie ist es zu sehen, wenn Gemeinden ihr Wappen "modernisieren"/neu gestalten und dabei gegen heraldische Regeln verstoßen?

Angenommen eine Gemeinde gibt ein Handbuch heraus demzufolge das Stadtwappen

Bild

ersetzt wird durch ein neu gestaltetes Signet,

Bild

das nun für die gesamte Korrespondenz und Druckschriften sowie für jegliche visuelle Darstellungsformen verbindlich verwendet wird.
Wenn nun diese Praxis bereits über ein Jahrzehnt andauert, ist es wenig verwunderlich, dass immer mehr Vereine/Verbände/Unternehmen das eigentliche geschützte Stadtwappen widerrechtlich (wenn auch oft unwissentlich) für ihre Zwecke nützen wollen. Wielange kann man aber diesen auf längere Sicht solch eine Nutzung verwehren, wenn kein Gebrauch des Wappens vom eigentlichen Träger gemacht wird ?
Und: ist ein unheraldisches Signet in seiner Eigenschaft als Wappen durch das Namensrecht (BGB) vor Mißbrauch geschützt ? Wenn ja, wieviele verschiedene Wappen/Logos/Signets darf eine Körperschaft maximal nutzen ?

Für jegliche Auskunft dankbar
grüßt
Ein Heilbronner

(P.S.: vielleicht könnte jemand die beiden Wappenbilder hier visuell einstellen? Ich selbst weiß nicht wie man das macht - wg. technischer Unwissenheit...) :( edit: Grafiken eingesetzt. Grüße Christian Ader
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Egon Ossowski

Beitrag von Egon Ossowski » 16.08.2006, 10:40

Tja, das Ganze läuft jetzt auf eine Diskussion hinaus: Wappen contra Logo/Signet!

Kommunalwappen sind rechtlich geschützte Hoheitszeichen einer Gebietskörperschaft. Leider gehen jedoch immer mehr Kommunen dazu über, neben dem Wappen ein Logo oder Signet zu führen. Das ist in der Regel auch geschützt, jedoch mehr in Richtung Firmen-/Warenmarke. Das Logo kann das Wappen aber nicht ersetzen, denn im amtlichen Schriftverkehr darf nur mit dem zugelassenen Siegel gestempelt werden. Und das wiederum darf nur das offizielle Stadtwappen enthalten.
So führt das Signet eigentlich eine Art Schattendasein auf Briefköpfen und in der Adressatenzeile oder der Homepage. Die Verwaltung möchte mit dem Signetgebrauch ihre Modernität zum Ausdruck bringen, da ein Wappen in der Öffentlichkeit als etwas Althergebrachtes gewertet wird, ein Logo dagegen für Fortschritt spricht.

So ist es eben, der Zeitgeist lebt! Im Heilbronner Fall läßt sich das Signet ja noch problemlos vom Wappen ableiten. wenn man sich dagegen das mißratene Niedersachsenlogo anschaut, dann kräuseln sich die Zehennägel eines Wappenfreundes!

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Beitrag von Markus » 16.08.2006, 10:56

Hallo, Herr Hopp,

kann man das Wappen irgendwo sehen? Das würde mich sehr interessieren.
Heraldische Grüße
Markus

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Beitrag von Aldus_Hopp » 17.08.2006, 14:37

markus theising hat geschrieben:Hallo, Herr Hopp,

kann man das Wappen irgendwo sehen? Das würde mich sehr interessieren.
HAllo Hr. Theising...

unsere Diskussion hier in diesem Forum war von Anfang des Jahres. Sie kennen also das damals als Entwurf vorgestellte neue Bezirkswappen von Lichtenberg.
Ich stelle den Link auf die Seite hier noch mal ein, auf der Seite finden Sie auch den besprochenen Entwurf:
http://heraldik-wappen.de/viewtopic.php ... c&start=45

Sie fanden ihn "grauenhaft".... damit haben Sie vielleicht nicht ganz unrecht, aber heraldisch korrekt sollte der doch sein, oder?!?
Mit freundlichem Gruß
Aldus Hopp

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Beitrag von Markus » 17.08.2006, 15:02

Ich finde das Wappen nach wie vor grauenhaft. Es widerspricht m. E. der Regel von der Einfachheit und Klarheit. Ich gebe allerdings zu, dass diese Begriffe sehr dehnbar sind.
Heraldische Grüße
Markus

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 17.08.2006, 16:00

Bundesländer oder Gemeinden haben manchmal Logos entwickelt, die von jedem Bürger verwendet werden dürfen, um damit ihre Verbundenheit darzustellen. Manchmal sind diese gar nicht mal schlecht. So. z.B. das Logo von NRW, das sogar manchmal von Notaren verwendet wird. Das Hessenlogo ist unter aller Sau. 8)

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Beitrag von Heilbronner » 17.08.2006, 17:04

M. Waas hat geschrieben:Bundesländer oder Gemeinden haben manchmal Logos entwickelt, die von jedem Bürger verwendet werden dürfen, um damit ihre Verbundenheit darzustellen. Manchmal sind diese gar nicht mal schlecht. So. z.B. das Logo von NRW, das sogar manchmal von Notaren verwendet wird. Das Hessenlogo ist unter aller Sau. 8)

Nun, wenn aber im Heilbronner "Fall" das ungenutzte Wappen (und nicht ein Logo) aus Verbundenheit zur Heimatstadt verwendet wird, da dieses vom Wappenträger über Jahre nicht mehr genutzt oder abgebildet wurde (stattdessen nur noch das Signet), dann entsteht doch irgendwann mal sowas wie Gewohnheitsrecht, oder ? Kann der widerrechtliche Nutzer dann nicht so argumentieren, dass das eigentliche schützenswerte Wappen (Erkennungszeichen) das verwendete Signet geworden ist? :?:
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Egon Ossowski

Beitrag von Egon Ossowski » 17.08.2006, 17:31

Das Wappen wird ja weiterhin genutzt, nämlich im Dienstsiegel und am Rathauseingang! Der Bürger stolpert nur nicht mehr so häufig darüber.

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Beitrag von M. Waas » 18.08.2006, 07:47

Heilbronner hat geschrieben: Nun, wenn aber im Heilbronner "Fall" das ungenutzte Wappen (und nicht ein Logo) aus Verbundenheit zur Heimatstadt verwendet wird, da dieses vom Wappenträger über Jahre nicht mehr genutzt oder abgebildet wurde (stattdessen nur noch das Signet), dann entsteht doch irgendwann mal sowas wie Gewohnheitsrecht, oder ? Kann der widerrechtliche Nutzer dann nicht so argumentieren, dass das eigentliche schützenswerte Wappen (Erkennungszeichen) das verwendete Signet geworden ist? :?:
Nö, da das originale Wappen ja vom Regierungspräsidium genehmigt und auch im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Wappen bleibt Wappen und im offiziellen Brief- und Behördenverkehr gilt auch nur dieses und nicht das Logo!

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