Wappenfälscher Joh. Endele 1931

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Thomas G.
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Wappenfälscher Joh. Endele 1931

Beitrag von Thomas G. » 04.03.2006, 21:24

In meiner Familie befindet sich das "Wappen der Familie Gleißner". Es wurde von einem Joh. Endele im Jahre 1931 entworfen, zusammen mit einer phantasievollen Familiengeschichte, die uns sogar von einem steirischen Adelsgeschlecht abstammen lässt.

Ich habe bereits bei der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft Adler, Wien und beim Heraldischen Verein "Zum Kleeblatt", Hannover nachgefragt. Dort kennt man Endele nicht. Auch in "Arndt, Der Wappenschwindel, Neustadt/Aisch 1997" ist kein Endele aufgeführt. Vom Herold in Berlin erhielt ich leider keine Antwort. Die Heraldische Gemeinschaft Westfalen bescheinigt dem gefälschten Wappen keine schlechte Qualität.

Kennt jemand diesen Menschen? Wie lief derartiger Wappenhandel zu dieser Zeit ab? Was musste man damals bezahlen? Die Auftraggeber widmeten das Wappen Ihren Eltern, die Bauern waren, also keine wohlhabenden Leute.

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Apri
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Beitrag von Apri » 05.03.2006, 10:35

Zum einen ist es möglich , dass dieser Herr ein Heraldiker war, der dieses Wappen entworfen hat und nur eine Geschichte dazu gedichtet hat.
Haben Sie auch ein Stammbaum dazu oder nur eine Geschichte?
Leider kam es in der Zeit des Wappenschwindels eher dazu vorhandene Wappen von Familien anderen Familien zu verkaufen.Somit kann das Wappen durchaus ein echtes sein, nur stimmt der Familienname nicht.

Leider befürchte ich ist diese Praxis fremde Wappen anderen Familien zu verkaufen auch heute noch im Gebrauch! Daher VORSICHT bei EBAY Wappen für 15 Euro! Angeblich wird dort immer ein Wappen erstellt, aber Qualität braucht meist etwas Zeit, um diese herzustellen und es ist sehr zweifelhaft zu einem geringen Betrag.
Wappenstifter sollten sich heute immer an heraldische Vereine wenden, die seriöse Heraldiker kennen. Sonst ist die Gefahr heute grösser als in der Zeit des Wappenschwindels GESTOHLENE Wappen angedreht zu bekommen.

MfG

D.Stys
Zuletzt geändert von Apri am 05.03.2006, 10:46, insgesamt 1-mal geändert.

WappenTom

Beitrag von WappenTom » 05.03.2006, 10:46

hallo!

richtig @Apri.
man kann nicht oft genug vor solchen wappenschwindeleien :evil: warnen.

A.Lenz
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Beitrag von A.Lenz » 05.03.2006, 11:27

Hallo Thomas G.

das Wappen kann sehr wohl von einem versierten Zeichner entworfen worden sein, da es heraldisch in Ordnung ist. (soweit ich das bei der doch eher schlechten Bildqualität erkennen kann).

Ob die Familiengeschichte dazu passt, können Sie nur durch genealogische Forschung in Erfahrung bringen.

Ich neige aber eher dazu, das Ganze für einen Wappenschwindel zu halten.

Mit freundlichem Gruß

A.Lenz

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AndreasWurm
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Beitrag von AndreasWurm » 05.03.2006, 11:33

Hallo,

dem Text nach würde ich sagen das Wappen ist zu 99% usurpiert.

Herr Pfeiffer wird uns sicher aufklären ;)

Mfg Andreas Wurm

A.Lenz
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Beitrag von A.Lenz » 05.03.2006, 11:42

Hallo Andreas, :lol:

nachdem ich nun einige Passagen des Textes gelesen habe, bin ich mir nun mehr als sicher, daß es sich hier um einen Schwindel handelt.

Auszug: Rot-Silber bedeutet "Kühnheit". Schwarz-Gold "Ehre und langes Leben". (So ein Schwachsinn).

Gruß

Alois

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Frank J. Reuther
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Beitrag von Frank J. Reuther » 05.03.2006, 11:48

Wie ist zu werten, dass der Schild rot-schwarz geteilt ist? Sollte hier nicht besser Farbe an Metall stoßen? Der silberne Löwe in Rot sowie die goldenen Halbmonde in Schwarz stimmen dann ja wieder.
Zuletzt geändert von Frank J. Reuther am 05.03.2006, 11:57, insgesamt 1-mal geändert.
Mit freundlichen Grüßen
Frank J. Reuther, MdH
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Claus J.Billet
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hm...

Beitrag von Claus J.Billet » 05.03.2006, 11:50

Seit geraumer Zeit stöbere ich im Siebmacher, auch unter gleichen Namen , bzw. Namensähnlicher Schreibweise.
Auffallend ist, daß bei fast allen namensähnlichen Wappen überall
3 Monde eingetragen sind. :roll: :?:
Dazu noch die Schildteilung in rot/schwarz :?:
Dazu noch der schwammige Text mit allerlei Behauptungen, ohne aber die Eintraguns-Quelle des Wappens anzugeben,... :?:
Sorry, für mich sieht das ganze nach einer Fälschung aus :!: :oops:
http://freepages.genealogy.rootsweb.com ... wappen.jpg

Friedhard Pfeiffer
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Wappen Gleißner

Beitrag von Friedhard Pfeiffer » 05.03.2006, 14:32

Hallo,
im Siebmacher und der Deutschen Wappenrolle (DWR) sind je ein Wappen Gleißner, einmal gedaldelt mit Zusatz v. Freidenheim, zum anderen aus Pilmersreuth, Kreis Tirschenreuth (1560). Bei beiden Wappen ist der Blason ein anderer.
Bei der EDM-mäßgen Prüfung mit den Stichworten "Geteilt, Löwe, Halbmonde" erzilte ich zwar unter den 110.000 Wappen des Siebmacher und der DWR 46 "Treffer", aber keines hat wohl als "Vorbild" für dieses Fake gedient.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhard Pfeiffer

Thomas G.
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Beitrag von Thomas G. » 06.03.2006, 09:32

Rot-Silber bedeutet "Kühnheit". Schwarz-Gold "Ehre und langes Leben".
Kann man an derartigen Aussagen eine Wappenfälschung erkennen? Gibt es in der seriösen Heraldik keine Zuordnung von Farben zu Eigenschaften?

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Claus J.Billet
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hm..

Beitrag von Claus J.Billet » 06.03.2006, 09:41

@ Thomas G. :lol:

Die Zuordnung bestimmter Eigenschaften oder Charakteristka
an Farben ist eine rein Esotherische Betrachtungsweise
.... und hat nichts mit Heraldik zu tun.
Jeder Wappenstifter hat darüber so seine eigene Aussage.
Für den einen ist das ROT die Liebe...für den anderen wiederum ...das Blut seiner Gegner :!: :lol: :lol:

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kniephoff
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Beitrag von kniephoff » 06.03.2006, 10:30

hallo
leider stimmt die jahreszahl nicht!!

weil wenn dies wappen im Zeitraum bis 1798 gemahlt worden wäre, könnte es von Johann Baptist Endele gestorben in Donauwörth sein.
Er war ein bedeutender Kirchenmaler und hat an seinen geburtsort Seflingen bei Ulm auch fahnen bemalt (Zunft) usw.
Also in der Richtung wars auch nix.
Mit freundlichen Grüßen
Peter

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Frank J. Reuther
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Beitrag von Frank J. Reuther » 06.03.2006, 10:42

Und die Söflinger meinen immer, es heißt Ulm bei Söflingen. Hier die Biographie von Enderle http://www.schwabenmedia.de/Kuenstler/Enderle.htm
Söflingen wurde übrigens am 06.11.1905 eingemeindet.
Mit freundlichen Grüßen
Frank J. Reuther, MdH
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Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 06.03.2006, 18:45

In dem Wappenbrief von 1931 macht Joh. Endele - gleichsam hilfsweise - auf Kneschkes Adelslexikon, Bd. 3, fol. 543, aufmerksam. Bei diesem Werk handelt es sich um das 'Neue allgemeine Deutsche Adels-Lexicon', bearbeitet von Prof. Dr. Ernst Heinrich Kneschke u.a., Bd. III [Ebe-Graff], Leipzig 1861.

Bei Kneschke ist in der Tat zu lesen, daß im Jahre 1789 ein gewisser ANDREAS GLEISSNER „wegen bei dem Bergbauwesen durch 20 Jahre bezeigter thätiger Verwendung“ mit dem Prädikat EDLER von FREUDENHEIM in den Erbländisch-österreichischen Adelsstand erhoben wurde.

Anders als uns Joh. Endele glauben machen will, findet sich bei Kneschke jedoch keine Beschreibung des 1789 verliehenen Wappens. Deshalb dürfte Endeles Angabe „Wappen die 3 Halbmonde!“ irreführend sein. Allerdings wäre nicht auszuschließen, daß Joh. Endele anderweitig Kenntnis von dem d.d. Wien 18. November 1789 verliehenen Wappen erhielt (der Entwurf des Adelsdiploms nebst Wappen befindet sich heute im Österreichischen Staatsarchiv, Abt. Allgemeines Verwaltungsarchiv, Bereich 'Hofkanzleiakten').

MfG

Thomas G.
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Beitrag von Thomas G. » 05.04.2006, 09:52

In der Beschreibung zu dem o.g. Gleissner-Wappen findet sich die folgende Passage:

"Man erzählt sich, dass ein 'Joh. Christ. Friedrich Gleissner' anno 1683 mit vor Wien gegen die Türken gekämpft u. sich besonders ausgezeichnet hat, wodurch derselbe mit dem Wappen beehrt wurde."

Eine diesbezügliche Anfrage beim Kriegsarchiv in Wien wurde von Hofrat Dr. Rainer Egger, Direktor des Kriegsarchivs, folgendermassen beantwortet:

"Von den kaiserlichen Truppen und desgleichen von den Reichskontingenten, die am 12. September 1683 an der Entsatzschlacht vor Wien teilnahmen, sind hier keine Namensverzeichnisse vorhanden. Für die Personenforschung zu diesem Ereignis stehen die Bestände Hofkriegsrat und Alte Feldakten zur Verfügung, die nur einen Bruchteil der Angehörigen des Entsatzheeres erfassen. In den zugehörigen Findbüchern ist Johann Christ. Gleissner nicht verzeichnet, wie auch die Recherchen bezüglich der angeblichen Wappenverleihung negativ verliefen. Weder im Allgemeinen Verwaltungsarchiv, das die relevanten Unterlagen für das Reich und die Erblande verwahrt, noch in dem Generalindex zu den Siebmacherschen Wappenbüchern läßt sich dafür ein Anhaltspunkt finden. Bei der bestehenden Quellenlage ist eine Teilnahme Gleissners am Entsatz von Wien nicht völlig auszuschließen, während die Wappenverleihung eher der Legende zuzuordnen ist."

Drei Fragen hierzu:
1. Wurden Wappenverleihungen zu dieser Zeit nur vom Kaiser vorgenommen, oder auch von den jeweiligen Landesfürsten?
2. Wäre es daher möglich, dass eine Wappenverleihung z.B. vom bayerischen Kurfürsten oder dem sächsischen Kurfürsten vergenommen wurde und der zugehörige Wappenbrief daher nicht im Allgemeinen Verwaltungsarchiv in Wien, sondern in dem jeweiligen Landes- oder Staatsarchiv zu finden wäre? 3. Wäre eine solches Wappen unbedingt im Siebmacher verzeichnet?

Und ja, ich weiss, dass das Wappen mit 99,9 Prozent Sicherheit ein Phantasiewappen ist, aber ich will ganz objektiv alle zugänglichen Quellen überprüft haben, bevor ich das Wappen ad acta lege.

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