Schmaeh-, oder Schandwappen???

Allgemeingültige Diskussionsfäden sind hier archiviert
Important and universal threads are filed here

Moderatoren: Markus, Christian Ader

GMF

Schmaeh-, oder Schandwappen???

Beitrag von GMF » 27.01.2005, 23:02

Sehr geehrte Damen und Herren!Als ehemaliger Grafiker und Wappenliebhaber möchte ich sie fragen ob es sich bei Wappentieren die sich nach links wenden oder nach links blicken (wie mir gegenueber kolportiert) immer um ein Schand-, bzw. Schmähwappen handelt. Es würde mich wundern da mir schon so manche solches Wappen unter die Augen kam. Auch das Wappentier der USA wendet (oder wendete) doch sein Haupt zur linken Seite. Adler aus Napoleonischen Zeiten blickten links und rechts und manch deutsches (Fürsten)-wappen fuehrte auch ein solches, links gewendetes Wappentier.Es wuerde mich schon wundern diese Rechtslastigkeit ausschlieszlich auf die Schild-Zuwendung zum Feind zu beziehen da doch schon das normale Buergertum Ende des 13. Jahrhunderts haeufig ueber Wappen verfuegte und wohl selten gegen den Feind zog.Vielleicht können Sie mir bitte weiterhelfen da hier im Mittleren Osten die Informationen diesbezueglich sehr dünn gesät sind.Mit vorzüglicher HochachtungG. M. Fleps

Benutzeravatar
M. Waas
Heraldiker
Beiträge: 1328
Registriert: 28.11.2004, 09:48
Wohnort: Bochum
Kontaktdaten:

Beitrag von M. Waas » 28.01.2005, 05:53

Auf Schandwappen gibt es nur wenige tatsächliche Hinweise, daß es sie außerhalb der scholastischen Heraldik tatsächlich gegeben hat.Im deutschen Bereich war das "Verkappen" des Wappentieres als Schandmal vorgesehen. Allerdings war es vorher das Zeichen des Bastards.Im allgemeinen ist es aber die Minderung eines bestehenden Wappens.Schandwappen siehe:Prenzlau, verkappter brandenburgischer Adler, wg. Übergabe der Stadt.Die Stellung einer Figur hat mit Schande nichts zu tun. In Spanien gab es mal die Sitte bei Bastarden das Wappen nach Links zu wenden.

Gast

Beitrag von Gast » 29.01.2005, 16:31

Sehr geehrter Herr Waas!Vielen Dank für die schnelle und professionelle Antwort. Gut zu wissen wie es sich mit Schmäh-, und Schandwappen nun verhält! Da mir scheinbar glaubhaft versichert wurde das ein Wappentier welches sich vom Gegner wegwendet in einer Fluchstellung verharrt und deshalb Schade über seinen Träger bringen soll war mir aber nicht ganz klar wozu irgendjemand dann überhaupt ein solches Wappen hätte tragen sollen (wollen).Bei allfälligen neuen und interessanten Fragen die die Heraldik möglicherweise für mich aufwirft würde ich mich gerne wieder an dieses Forum werden.Wünsche noch allen ein angenehmes Wochenende!Mit freundlichem GrußeGerd Michael Fleps (GMF)

Egon Ossowski

Beitrag von Egon Ossowski » 30.01.2005, 09:54

Das schleswig-holsteinische Landeswappen fällt auch in diese Kategorie. Es setzt sich ja aus den beiden Wappen der beiden Landesteile Schleswig und Holstein zusammen, bildet also ein Allianzwappen. Das Wappen des Herzogtumes Schleswig zeigt ja bekanntermaßen die beiden blauen Löwen. Sie waren ursprünglich nach (heraldisch) rechts gewendet, da sie eine Minderung des dänischen Königswappen darstellen (3 blaue Löwen). Im schleswig-holsteinischen Allianzwappen wurde diese Stellung beibehalten; die schleswigschen Löwen zeigten also dem holsteinischen Nesselblatt den Allerwertesten. Daran nahm auch keiner Anstoß, bis eben,... ja bis die Preußen das Ruder hier oben in die Hand nahmen. Am 28. September 1891 erließ unser deutscher Kaiser Wilhelm II. eine Kabinettsorder (sog. Allianzwappenorder), die den Löwen eine andere Marschrichtung verordnete. seit dieser Zeit blicken sie das Nesselblatt an; jedoch nur im Allianzwappen. Wird das Wappen des Herzogtumes eigenständig dargestellt, dürfen sie wieder nach rechts marschieren. Soweit ein kleiner historischer Beitrag zur Thematik.

GMF

Rechststellung

Beitrag von GMF » 31.01.2005, 10:28

Vielen Dank fuer die zusaetzlichen Informationen in Bezug auf Schleswigs Loewen. Nun tut sich in Form eines leider allzu laestigen Zeitgenossen die Frage auf warum der groeszte Teil der Wappentiere sich nach (heraldisch) rechts wendet? Ich musz gestehen das wenn ich ein Wappenbuch aufschlage wirklich das Grosz in dieselbe Richtung blickt und ich selbst habe keinerlei Antwort darauf! Bevor ich irgendein Geschichterl erfinde frage ich lieber bei Ihnen noch mal nach.Die Frage an sich scheint mir sicher auch interessant zu sein nur duerfte es meinem Bekannten eigentlich ausschlieszlich darum gehen mit jedem Mittel seine Fluchtstellungstheorie durchsetzen zu wollen. Ein streitbarer Charakter ... ein Rechtsanwalt!Regeln gibt es in der Heraldik ja genug, kennen Sie vielleicht eine Regel, Theorie oder Hintergrundgeschichte die belegt warum sich alles Getier bevorzugt nach rechts wendet?Diese wuerde ich meinem Bekannten dann mit Genusz zur Kenntnis bringen (nobel ausgedrueckt)!!!Fuer eine Antwort waere ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet!Mit freundlichem GruszeGerd Michael Fleps

Benutzeravatar
Claus J.Billet
Heraldiker
Beiträge: 6775
Registriert: 22.11.2004, 08:57
Wohnort: 70794 Filderstadt
Kontaktdaten:

hm...

Beitrag von Claus J.Billet » 31.01.2005, 16:08

@ Hallo Herr Fleps :D"Sag Er seinem Bekannten..Er möge sich das Handbuch der Heraldik nehmen...und sich dem Studium ergeben "! :lol: :lol:Kurz und gut...warum die auf dem Schild gezeigten Figurennach links blicken ?( ..vom Betrachter aus gesehen !)Grundsatz:Figuren werden heraldisch nach rechts blickend gezeigt !(..vom Schildträger aus beschrieben!)Der Schild wird im Normalfall ja mit dem linken Arm (Herzseite) geführt, befindet sich dadurch, vom Gegner aus gesehen, also auf der rechten Seite. Würden die Figuren auf dem Schild nach links gewendet aufgemalt sein wäre der Eindruck "fliehend" ! :lol:Hier ist zu beachten:Der Schild und dessen Beschreibung wird in der Blasonierung immer vom Standpunkt des Schildträgers aus erklärt!Wenn dieser also erläutert: ..."mein Schild zeigt oben rechts ein..ähem...Warzenschwein"...so bedeutet dies, daß der Gegner dies Getier oben links erblickt ! :lol:..hört sich alles furchtbar kompliziert an...ist aber eigentlich recht einfach ! :wink:

Gast

Beitrag von Gast » 31.01.2005, 16:41

Guten Tag Herr Billet!Dank und Anerkennung für Ihre Wortmeldung doch dazu habe ich nun schon einige Fragen.Es ging Ursprünglich um Schand-, bzw Schmähwappen, wäre denn nun ein fliehendes Wappentier nicht eigentlich eine Schande gewesen? :? Und dies zu allen Zeiten seit der die Heraldik besteht? Was kann einen Wappeneigner inspiriert haben ein solches Wappen zu führen?Und steht dies nicht im direkten Widerspruch zu den vorherigen Wortmeldungen von Herrn Waas und Herrn Ossowski?Wie kam es nun zu solchen Wappen denn schließlich mußte sicher jeder Ritter unzählige Arien zu hören bekommen wenn sie sich auf dem Felde befanden.Also nun die Frage welchen Zweck sollte ein fliehendes Wappentier in der Heraldik verfolgen und warum haben einige Prominente Adelige ein solches in ihrem Wappen?Ich möchte ja niemanden auf die Nerven gehen doch nun ist die Sache wieder ein wenig undurchsichtiger geworden!Bin sehr gespannt auf Ihre Antwort! :shock:Mit freundlichem GrußGerd Michael Fleps

Gast

hm..

Beitrag von Gast » 31.01.2005, 17:08

@ Hallo Herr Fleps,kein Wiederspruch ist's...sondern eine "Auslegung"...eine Betrachtungsweise der jeweiligen fraglichen Fälle. :lol:Die Einlassungen der Herrn Waas und Ossowski sind durchaus zutreffend.Gar mancher Fürst gab seinem..äh..."Bastard" sein Wappen..wenn auch mit oftmals einen kleine feinen Unterschied. :wink:"ER trägt zwar mein Wappen...aber ich fliehe Ihm "!..so mag mancher gedacht haben, dessen "Ausrutscher" mit der Hofdame oder einer anderen Dame von Stand ihn notgedrungen nicht aus der Anerkennung des ausserfamiliären...äh..."Produkts" entlassen hat. :lol:..diese kleinen "Seitenhiebe" in der Heraldik sind zwar bekannt aber nicht fester Bestandteil der Heraldik als solcher. :lol:

Benutzeravatar
Claus J.Billet
Heraldiker
Beiträge: 6775
Registriert: 22.11.2004, 08:57
Wohnort: 70794 Filderstadt
Kontaktdaten:

hm...

Beitrag von Claus J.Billet » 31.01.2005, 17:18

sorry....hatte vergessen mich einzutragen :cry:Der obige Eintrag stammt von mir ! :lol:

GMF

Interessanter Lösungsansatz

Beitrag von GMF » 31.01.2005, 17:22

Guten Abend unbekannter Gast :DSie haben recht, habe mich wohl nicht richtig ausgedrückt!Ihre Darstellung der Dinge werfen ein interessantes Licht auf die "fliehenden" Wappentiere. Von dieser Seite habe ich das ganze noch gar nicht betrachtet! Dies würde natürlich so manches erklären. Hut ab!Bin gespannt ob Herr Billet auch noch zum Antworten kommt und dies auch so gemeint hat wie Sie dies hier dargestellt haben. Mir kommt es schlüssig vor.Nur eine Frage dazu noch: Haben nicht die USA den "Linksgewendeten" Adler im Wappen, bei Napoleon bin ich mir nicht sicher da so viele Darstellungen von seinem Adler (links wie auch rechts gewendet) existieren und auch heute sind ja Libyen und Kasachstan (oder Kasan oder so, sry kann mich nicht erinnern) links gewendet! Oder sind Staatswappen und aussereuropäische Wappen nicht mit denselben Maßstäben zu erfassen?Danke für die Antworten, es macht Spaß sich mit ihnen zu unterhalten! :wink:Mit freundlichem GrußGerd Michael Fleps

Benutzeravatar
Claus J.Billet
Heraldiker
Beiträge: 6775
Registriert: 22.11.2004, 08:57
Wohnort: 70794 Filderstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von Claus J.Billet » 31.01.2005, 18:10

ähem...Sorry Herr Fleps :lol:der von Ihnen angesprochene "Gast" war ich selbst ! :lol: :lol:..in der Eile zwischen zwei Telefonaten hatte ich total vergessen mich einzuloggen !...daher der "Gast-Eintrag" :wink: schmunzelUnd zu den anderen aussereuropäischen Wappen, Flaggen usw....diese unterliegen nicht den in Europa gebräuchlichen heraldischen Grundsätzen.Was den großen Corsen betrifft..hm...hier muß ich im moment passen..so aus dem Stegreif kann ich dies nicht beantworten.seufs Kann evtl. einer der hier tätigen Kollegen mir mal in die Seite treten?...hüstel... ich meine natürlich zur Seite !Wie war das mit Herrn Bonaparte ?:lol: :lol:Bitte Geduld Herr Fleps...wir werden diese Frage schon lösen ! :lol:

Benutzeravatar
Jochen
Mitglied
Beiträge: 5196
Registriert: 23.11.2004, 22:57
Wohnort: Freie und Hansestadt Hamburg

Beitrag von Jochen » 31.01.2005, 18:37

Hm....es heißt, daß der Adler der USA im Frieden zum Lorberzweige schauen solle, im Kriege aber zu den Pfeilen. Ob diese Regel tatsächlich angewandt wurde? In den Golfkriegen meines Wissens jedenfalls nicht.Von fliehenden Wappentieren habe ich ehrlich gesagt noch nichts gehört, wohl aber, daß "widersehende"Tiere (also nach rechts steigend/schreitend, aber nach links blickend) im Ruche stehen, "feige" zu sein (sich nämlich verfolgt wähnen).Ob das mal nicht alles Interpretationen der Spätzeit sind?Schöne GrüßeJochen Wilke

Benutzeravatar
Claus J.Billet
Heraldiker
Beiträge: 6775
Registriert: 22.11.2004, 08:57
Wohnort: 70794 Filderstadt
Kontaktdaten:

hm....

Beitrag von Claus J.Billet » 31.01.2005, 18:56

@ Hallo Jochen ... :lol:genau !"Watt dem en sin Uhl...is dem anneren sin Nachtigall !" :lol:Hier wird über diese Darstellungen oft soviel Wiedersprüchliches in der Literatur beschrieben, daß ich auch zu der Auffassung neige, daß die jeweiligen Wappenstifter in ihrer eigenen Symbol-Beschreibung der ihnen passenden Auslegung huldigen ! :lol:Eine feste Regel konnte ich nirgends finden...bis jetzt!Ausser eben dem Grundsatz:Figuren werden heraldisch nach rechts blickend gezeigt !(..vom Schildträger aus beschrieben!)

GMF

USA und andere ... Wappen

Beitrag von GMF » 31.01.2005, 19:43

Guten Abend meine Herren!Tja, Herr Billet unsere Einträge haben sich nur um Minuten überschnitten deswegen konnte ich nicht wissen das Sie der Gast waren. Doch die These die Sie als Gast :) aufstellten gefällt mir! Und ich bin gespannt wie oft mir das jetzt noch passiert das ich als Gast auftauchen werde 8)Herr Wilke hat auch Recht mit dem wechselnd blickenden USA-Adler. Die Amerikaner ließen den Adler wirklich in die jeweilige Richtung blicken die ihnen gerade passte. Habe ein diesbezügliches Bild des Flaggentuches gefunden. Ich denke nach dem 2. Weltkrieg haben sie es schließlich gelassen wie es ist.Und der kleine Korse macht auch mir Kopfzerbrechen da ich eine Unzahl verschieden ausgeführter Wappen gefunden habe.Nun ich habe eine Menge Zeit ...Der läuft mir ja nicht davon,der Napoleon!Vielleicht finden ja Sie eine Antwort!Mit freundlichem GrußGerd Michael Fleps

Martin Steinbach
Mitglied
Beiträge: 22
Registriert: 09.01.2005, 18:27
Wohnort: Franken und Thüringen

Beitrag von Martin Steinbach » 31.01.2005, 21:16

Hallo Herr Fleps!Wie bereits schon gesagt, hat die Stellung der Schildfigur allgemein nichts mit einem Schmäh- oder Schandwappen zu tun, sondern ist vorwiegend dem ästhetischen Empfinden des Wappenzeichners zuzuschreiben. Im Laufe der Zeit haben sich in der Heraldik bestimmte Regeln herausgebildet. So wird die Richtung der Figur (Mensch oder Tier) nach heraldisch rechts als die übliche oder auch normale Darstellung angesehen und bei der Blasonierung nicht extra erwähnt. Extra genannt wird jedoch die Stellung nach heraldisch links. Ebenso ist es bei der Helmzier. Hier kommt noch die Stellung "hersehend" hinzu. Sagen Sie Ihrem Bekannten, die Stellung der Figur nach rechts oder links hat nichts mit der situationsbedingten Richtung im täglichen Leben zu tun!Mit freundlichen Grüßen! :lol:Martin Steinbach

Antworten