Verfasst: 06.02.2007, 19:43
N´Aabend!
@ Bas, Oups, Danke für die Hinweise und die links! Besonders aber @ Herrn Kutzke:
Da haben Sie sich aber viel Mühe gemacht mit den Erklärungen zu den FN. Auch ihren Exkurs über die Linguistik und ihre Auswirkungen auf die Onomastik als Wissenschaft fand ich sehr aufschlussreich. Danke dafür, jetzt seh ich´s klarer!
Hat jetzt nix mit Namensforum oder Heraldik zu tun, sollte aber mal im Hinblick auf meinen thread gesagt werden:
Hauptschule ist nun mal leider nicht mehr das, was es vor zwanzig, dreißig Jahren noch war. In unserem Bildungssystem ist in dieser Zeit meiner Meinung nach viel falsch gemacht worden. Wir bekommen von den Grundschulen vielfach Schüler, die weder richtig lesen noch schreiben können, ähnlich sieht es mit den Grundrechenarten aus. Für viele Eltern ist eine Hauptschulempfehlung zudem ein Makel. Da werden Kinder mit einem IQ von 80 in die Realschule oder sogar ins Gymnasium gesteckt, und kommen dann in Klasse sieben zu uns, wenn der Zug eigentlich schon längst abgefahren ist.
Ab Klasse 5 sollen wir dann eigentlich auf die erworbenen Kenntnisse der Grundschule aufbauen. Zu Hause werden die meisten aber allein gelassen, mehr als die Hälfte in meiner Klasse sind Schlüsselkinder und sehen ihre Eltern mal kurz am Abend. Folgen: Ich hatte einen Regelschüler, der in Klasse sechs keine Analoguhr ablesen konnte, ein anderer schrieb in den eigenen Namen drei Rechtschreibfehler, eine Schülerin rechnete in Klasse sieben 11 + 9 = 1100, nachdem sie zwei Minuten überlegt hatte. Wir sind zwar eine integrative Hauptschule, und in meiner Klasse habe ich acht Kinder mit Förderbedarf (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Schwerhörigkeit etc.), arbeiten aber für alle mit Lernmaterial der Schule für Lernbehinderte, auch für die Regelschüler, weil es einfach nicht mehr anders geht. Da gibts vom Niveau her eigentlich keine Unterschiede mehr zwischen dem Bodensatz der Grundschulen und den behinderten Schülern. Die letzte Mathearbeit hat mir das nochmal gezeigt: Die besten Arbeiten haben die Integrationsschüler (so sagen wir zu unseren behinderten Schülern) geschrieben, die schlechtesten die Regelschüler. Dabei war die Arbeit für alle gleich, also nicht differenziert. Das ist Realität in den Hauptschulen heute.
Strukturen, geregelte Tagesabläufe, geregelte Pflichten von zu Hause: Fehlanzeige. Lernstrategien: Fehlanzeige. Und in der Schule, grade in der Hauptschule, machen wir zwangsweise inzwischen deutlich mehr Erziehungsarbeit als Bildungsarbeit. Nicht, dass wir uns vor Erziehungsarbeit drücken wollen. Aber nicht erzogene Kinder (und damit meine ich Kinder, die ohne Strukturen von zu Hause groß geworden sind) lernen nun mal nichts und sind a priori auch gar nicht bereit dazu.
Die Eltern sehen uns zudem vielfach noch als Dienstleister, die ihre Kinder erziehen sollen, vielleicht noch, ihnen auch ein bischen Wissen vermitteln sollen. Den möglichst guten Abschluss sollen wir aber sicherstellen, "dat is ja ihren Job, ne?" wie mich eine Mutti letztens beim Elternsprechtag aufklärte. Das wird natürlich schwierig, wenn erzieherische Grundlagen und basale Grundfähigkeiten völlig fehlen und erst erlernt werden müssen. Wir fangen wirklich vielfach in Klasse 5 wieder ganz von vorn an. Auch das ist Realität an hauptschulen heute.
Ich hätts auch gern anders, glauben Sie mir. Aber vielleicht ist jetzt verständlicher, warum ich schon ganz froh bin (oder sein muss), wenn ich mit solchen Schülern auf dem letztens schon beschriebenen Niveau arbeiten kann? Trotzdem machts noch Spaß.
Also, bitte nicht pikiert sein, wenn ich Namensforschung und Wappenkunde dergestalt und auf diesem Niveau als Unterrichtsthema bei meinen Hauptschülern einsetze. Ich will damit diese interessanten Wissenschaften nicht mißbrauchen und nicht abwerten, gleiches gilt für die Kundigen hier im Forum, die sich mit echter Leidenschaft mit diesen Wissenschaften auseinandersetzen.
Viele Grüße,
Reinhard Möckel
@ Bas, Oups, Danke für die Hinweise und die links! Besonders aber @ Herrn Kutzke:
Da haben Sie sich aber viel Mühe gemacht mit den Erklärungen zu den FN. Auch ihren Exkurs über die Linguistik und ihre Auswirkungen auf die Onomastik als Wissenschaft fand ich sehr aufschlussreich. Danke dafür, jetzt seh ich´s klarer!
Hat jetzt nix mit Namensforum oder Heraldik zu tun, sollte aber mal im Hinblick auf meinen thread gesagt werden:
Hauptschule ist nun mal leider nicht mehr das, was es vor zwanzig, dreißig Jahren noch war. In unserem Bildungssystem ist in dieser Zeit meiner Meinung nach viel falsch gemacht worden. Wir bekommen von den Grundschulen vielfach Schüler, die weder richtig lesen noch schreiben können, ähnlich sieht es mit den Grundrechenarten aus. Für viele Eltern ist eine Hauptschulempfehlung zudem ein Makel. Da werden Kinder mit einem IQ von 80 in die Realschule oder sogar ins Gymnasium gesteckt, und kommen dann in Klasse sieben zu uns, wenn der Zug eigentlich schon längst abgefahren ist.
Ab Klasse 5 sollen wir dann eigentlich auf die erworbenen Kenntnisse der Grundschule aufbauen. Zu Hause werden die meisten aber allein gelassen, mehr als die Hälfte in meiner Klasse sind Schlüsselkinder und sehen ihre Eltern mal kurz am Abend. Folgen: Ich hatte einen Regelschüler, der in Klasse sechs keine Analoguhr ablesen konnte, ein anderer schrieb in den eigenen Namen drei Rechtschreibfehler, eine Schülerin rechnete in Klasse sieben 11 + 9 = 1100, nachdem sie zwei Minuten überlegt hatte. Wir sind zwar eine integrative Hauptschule, und in meiner Klasse habe ich acht Kinder mit Förderbedarf (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Schwerhörigkeit etc.), arbeiten aber für alle mit Lernmaterial der Schule für Lernbehinderte, auch für die Regelschüler, weil es einfach nicht mehr anders geht. Da gibts vom Niveau her eigentlich keine Unterschiede mehr zwischen dem Bodensatz der Grundschulen und den behinderten Schülern. Die letzte Mathearbeit hat mir das nochmal gezeigt: Die besten Arbeiten haben die Integrationsschüler (so sagen wir zu unseren behinderten Schülern) geschrieben, die schlechtesten die Regelschüler. Dabei war die Arbeit für alle gleich, also nicht differenziert. Das ist Realität in den Hauptschulen heute.
Strukturen, geregelte Tagesabläufe, geregelte Pflichten von zu Hause: Fehlanzeige. Lernstrategien: Fehlanzeige. Und in der Schule, grade in der Hauptschule, machen wir zwangsweise inzwischen deutlich mehr Erziehungsarbeit als Bildungsarbeit. Nicht, dass wir uns vor Erziehungsarbeit drücken wollen. Aber nicht erzogene Kinder (und damit meine ich Kinder, die ohne Strukturen von zu Hause groß geworden sind) lernen nun mal nichts und sind a priori auch gar nicht bereit dazu.
Die Eltern sehen uns zudem vielfach noch als Dienstleister, die ihre Kinder erziehen sollen, vielleicht noch, ihnen auch ein bischen Wissen vermitteln sollen. Den möglichst guten Abschluss sollen wir aber sicherstellen, "dat is ja ihren Job, ne?" wie mich eine Mutti letztens beim Elternsprechtag aufklärte. Das wird natürlich schwierig, wenn erzieherische Grundlagen und basale Grundfähigkeiten völlig fehlen und erst erlernt werden müssen. Wir fangen wirklich vielfach in Klasse 5 wieder ganz von vorn an. Auch das ist Realität an hauptschulen heute.
Ich hätts auch gern anders, glauben Sie mir. Aber vielleicht ist jetzt verständlicher, warum ich schon ganz froh bin (oder sein muss), wenn ich mit solchen Schülern auf dem letztens schon beschriebenen Niveau arbeiten kann? Trotzdem machts noch Spaß.
Also, bitte nicht pikiert sein, wenn ich Namensforschung und Wappenkunde dergestalt und auf diesem Niveau als Unterrichtsthema bei meinen Hauptschülern einsetze. Ich will damit diese interessanten Wissenschaften nicht mißbrauchen und nicht abwerten, gleiches gilt für die Kundigen hier im Forum, die sich mit echter Leidenschaft mit diesen Wissenschaften auseinandersetzen.
Viele Grüße,
Reinhard Möckel